Tempelhof Sounds 2022 – Samstag: Unsere Highlights


Tempelhof Sounds 2022 Samstag
So war der 2. Festivaltag beim Berliner Tempelhof Sounds 2022. (Bild: Markus Werner)

Nach der Festivaleröffnung am Freitag, den 10. Juni sind für das noch junge Hauptstadt-Rock-Festival „Tempelhof Sounds 2022“ gleich noch zwei weitere Tage mit am Start. Am frühen Samstagnachmittag, erneut bei bestem Sommerwetter, startet das musikalische Programm auf dem Tempelhofer Feld in seine zweite Runde. Mit dabei sind an diesem Tag u.a. Muse, Alt-J, Maximo Park, Idles und viele weitere.

Johnossi

Die schwedische Indie-/Alternative Rock-Band Johnossi stammt aus Stockholm. Klar ist die Liste an guten Bands aus Schweden lang, da wären z. B. ABBA, Mando Diao oder The Hives. Das Land Schweden fördert speziell junge Musiktalente und so gelangen auch die beiden Indie-Rocker John Engelbert und Oscar „Ossi“ Bonde auf den musikalischen Weg. Das Duo kennt sich bereits aus Schulzeiten, gemeinsam entstehen Songs und beide haben Spass an der gemeinsamen Musik. Der Gitarrist und der Drummer harmonieren einfach perfekt und so entsteht auch ihr Bandname. Unkompliziert und schlicht, aber gerade das macht die beiden Herren aus. Auf der Supersonic Stage ist deswegen aber nicht weniger los als bei einer Band mit mehreren Mitgliedern. An den Drums fliegen Johns Haare und Drumsticks im Wechsel und Sänger Oscar springt wild über die Bühne. Uns gefällt es!

IDLES

Frontmann Joe Talbot begrüßt das Publikum am frühen Nachmittag vor der Supersonic Stage. „Are you ready to collide? Are you readytolook after each other?“ Diese Sätze spiegeln die Essenz der Band wieder: Immer voll auf die Fresse, aber bitte mit ganz viel Rücksichtnahme und noch viel mehr Herz. Da die erste Tour zum vorherigen Album „Ultra Mono“ noch nicht gespielt werden konnte, gibts jetzt direkt zwei Brecher auf die Ohren: „Ultra Mono“ und das aktuelle Album „Crawler“. Während der Pandemie hatten die Idles einen unfassbaren Output und haben gleich zwei Alben veröffentlicht, die ihre Fanbase wachsen ließ. Die Working-Class-Truppe aus Bristol, England haben in den letzten zwei Jahren so ziemlich alles richtig gemacht: Streaming-Konzert in den Abbey Road-Studios, phänomenal gute Platten produziert und sich damit weit nach oben in die Line-Ups katapultiert. Idles lassen kaum einen Hit für ihre Fans aus, die sich dafür mit viel Körpereinsatz und Textsicherheit revanchieren.

Wolf Alice

Ellie Rowsell und ihre Jungs aus London sind zwar erst Mitte 20, in ihrem Heimatland sind sie aber längst absolute Role Models und Rockstars. Wolf Alice können Musik wütend („Yuk Foo“) ebenso wie zärtlich („Don’t Delete The Kisses“) – und dazu wildern sie stilistisch bei den großen Gitarrenbands der späten Neunziger. Dabei klingt die Alternative-Rock-Band aber trotzdem dermaßen frisch, als hätten sie diesen Sound selbst erfunden. Hier bei uns sind Wolf Alice noch ein fast Geheimtipp, das wird aber ganz bestimmt nicht mehr lange so bleiben. Zum Glück stehen schon bald weitere Konzert- und Festivaltermine an, denn die Truppe um die Frontfrau mit der rockigen Stimme hat eine Menge zu bieten und sollte definitiv viel Gehör finden.

Maxïmo Park

Die vier Briten aus dem beschaulichen Newcastle sind mit ihrem neuen Album „Nature Always Wins “ aus 2021 wieder am Start. Immerhin blickt das Quartett auf eine nunmehr 19-jährige Musikkarriere zurück. Lange galt die Band als Spitze des britischen Indie-Rocks, jetzt gibt es auch mal Neuerungen. Synthie-Pop der 80er hier, Britpop der allerfeinsten Sahne dort, Garage-Indie obendrauf, dazu Hook-geladene Melodien und R’n’B-esker Shoegaze drum herum. Immer aber mit einem Markenzeichen: Sänger Paul Smith und seine cremige Stimme. Mit frischer Aktualität aus Weltpolitik, Solidarität und Empathie. Es ist schön zu sehen, dass Pop-Melodien auch mit ernsten Themen gleich viel leichter verdaulich sind.

Alt-J

Gegen 18:30 Uhr betreten Alt-J die Supersonic Stage: Joe Newman (Gesang + Gitarre), Gus Unger-Hamilton (Keyboard) und Thom Sonny Green (Drums). Mit dem ersten Ton taucht die Bühne in leichten Nebel und die Lichtshow hebt die drei Musiker ganz besonders hervor. Im Takt der Musik leuchteten die Scheinwerfer auf. Alt-J spielen druckvollen und gleichzeitig experimentellen Alternative-Rock, bewegen sich dabei aber eigentlich nicht sehr viel, sondern verharren jeder an seinem Platz. Seit ihrem Debütalbum „An Awesome Wave“ 2012 mit zahlreichen britischen Auszeichnungen, hat die Band eine großartige Karriere hingelegt und in diesem Jahr mit „The Dream“ das neuste, mittlerweile schon vierte Werk veröffentlicht.

sophie hunger

Die ersten Synthie-Töne der Band erreichen die Zuschauer vor der Echo Stage. Sophie Hunger betritt die Bühne und begibt sich in ihren ganz eigenen Musik-Circle. Der Sound ist definiert und eng beieinander gemischt, kein Instrument sticht heraus oder geht unter. Alles wirkt atmosphärisch. Man kann sich förmlich nicht an der Musik von Sophie Hunger satt hören. Die Songs sind so unterschiedlich und haben alle Tiefgang mit einer gewaltigen Prise Genialität, sodass man am Liebsten für immer zuhören möchte. Ihre Ansagen – wie halbe Selbstgespräche mit ihrer Gitarre – sind fesselnd und unterhaltsam. Man spürt Sophies Liebe für ihre Band, ihre Musik und den weiteren Drang sich beweisen zu müssen. Es gibt keine feste Definition für ihr Schaffen. Man möchte einfach mehr sehen und fühlen. Was kann man also über einen Auftritt von Sophie Hunger sagen? Man muss es einfach erleben.

Muse

Am zweiten Festivaltag gebührt die Ehre des Headliners keiner geringeren Band als den britischen Haudegen von Muse. Frontmann Matthew Bellamy und seine Mannen stehen für geradlinige Rocksongs – pointiert, engagiert, aufrüttelnd. Die liebevolle Mischung aus Rock und Nu Metal-Elementen gepaart mit Synthie-Pop-Hymnen im Stil von Queen oder Pink Floyd macht die Band aus Groß Britannien aus. Mit dem ersten Ton, den Frontmann Matthew Bellamy anschlägt, entfacht eine düstere Stimmung über dem Tempelhofer Flughafengelände. Die teils filigranen Gitarrenparts treffen direkt ins Ohr oder gleich mitten ins Rockerherz und die treibenden Riffs heben jeden Blutdruck nach oben. Muse schaffen es live wie kaum eine andere Band, von Song zu Song nicht nur interessant, sondern voll und ganz verführerisch zu klingen, wie es nur den Größten des Rock je gelungen ist. Hier dürfen Songs noch lang und abwechslungsreich sein. Das Trio wirkt dabei authentisch und vor allem beeindruckend, wenn man die teils wahnwitzigen Gitarrensoli hört. Eines wird für aber wieder ganz deutlich: Je länger Muse Musik machen, desto besser werden sie.