Wave-Gotik-Treffen 2018: Wenn eine Stadt zum schwarzen Mekka wird


Das Wave-Gotik-Treffen in Leipzig hat sich im Laufe seiner langen und bewegten Geschichte zur größten Zusammenkunft der schwarzen Szene entwickelt. Von einem Festival zu sprechen, wäre zwar nicht grundlegend falsch, würde den Kern der Veranstaltung aber nicht treffen. Denn neben den über 200 Künstlern, die im Laufe der vier Tage in zwölf in der ganzen Stadt verstreuten Locations auftreten, gibt es auch ein vielfältiges Kultur- und Rahmenprogramm zu erkunden. Dazu zählen beispielsweise Ausstellungen, Lesungen, Klassikveranstaltungen, Theaterstücke, Friedhofsführungen, Parties und vieles mehr. Möglich ist das in diesem Ausmaß nur, weil die WGT-Veranstalter und die Stadt Leipzig seit vielen Jahren eng zusammenarbeiten. Entsprechend stolz ist Leipzig auf sein WGT – nicht nur im wirtschaftlichen Sinn (die 20.000 Besucher geben nach offiziellen Schätzungen 12 Millionen Euro in Leipzig aus), sondern vor allem im menschlichen. Denn auch die Bürger sehen es mit einem Lächeln auf den Lippen, wenn sich ihre Stadt für vier Tage in ein fröhliches Schwarz hüllt. Der Großteil der Geschäfte dekoriert die Schaufenster um, es gibt schwarzes Eis und schwarze Burgerbrötchen dürfen auch nicht fehlen. Kurz gesagt: Wer als Grufti zum WGT fährt, für den fühlt es sich ein bisschen an wie nach Hause kommen.

WGT 2018 – Freitag

Wir starteten unser mittlerweile zwölftes WGT am Nachmittag auf dem AGRA-Gelände, das einen Zeltplatz für 10.000 Besucher und die größte Konzertlocation beheimatet, in der sich im Verlauf des Wochenendes unter anderem SCHANDMAUL, OOMPH! und WARDRUNA die Ehre geben sollten. Auf dem Außengelände warten unzählige Fress- und Trinkbuden, die zum Glück nicht nur Standard-Festivalkost anbieten, sondern beispielsweise auch Flammlachs, veganes Essen und köstlichen Cider. Ebenfalls ein essenzieller Bestandteil der AGRA ist die Messehalle, in der dutzende Aussteller alles verkaufen, was man als WGT-Besucher so braucht: von Klamotten und Schuhen über Schmuck und Accessoires bis hin zu CDs und Büchern. Nicht nur größere Händler waren vor Ort, sondern auch kleine Manufakturen, die ihre handgemachten Produkte anboten. Nach der Shoppingtour empfiehlt sich ein kleiner Abstecher ins Treffencafé – auf der Galerie gibt es eine kleine Ausstellung wechselnder Künstler. Dieses Jahr waren unter anderem die Gemeinschaftsarbeiten „pXXy PORN“ von Roman Gilz und Gordan Nikolic zu sehen.

Nach ein paar kurzweiligen Stunden auf der AGRA machten wir uns auf den Weg ins Täubchenthal im Leipziger Westen – einer charmanten Konzertlocation mit einem großen und gemütlichen Außenbereich, der im Sommer oft für Street Food Festivals genutzt wird. Im Täubchenthal wollten wir eigentlich THE BEAUTY OF GEMINA sehen, aber außer im Fotograben wurde es schwierig mit dem Sehen und Hören, da die Bude schon mehr als knackevoll war. Eigentlich kein Wunder, konnten die Schweizer bei ihrem letzten WGT-Besuch vor drei Jahren schon den deutlich größeren Felsenkeller an die Kapazitätsgrenze bringen. Insofern wäre die sympathische Band um Frontmann Michael Sele in der AGRA sicher besser aufgehoben gewesen. Nach „All Those Days“, „Prophecy“ und „Suicide Landscape“ ließen wir es deshalb gut sein und zogen weiter.

Was Bands angeht, hat das WGT traditionell auch viel für Metalfans im Angebot. Nur bei den Parties hatte der Metal gegenüber Industrial, EBM, Dark Wave und Co. immer das Nachsehen. Das änderte sich letztes Jahr, als es zum ersten Mal seit Ewigkeiten eine Metal-Party gab, die am Pfingstmontag im Naumanns/Felsenkeller stattfand und auch dieses Jahr dabei war. Dazu gesellte sich eine weitere im Keller des Barfusz in der Leipziger Innenstadt. Und die hatte es in sich! Spätestens ab Mitternacht war die Hütte proppenvoll und die DJs machten einen großartigen Job. Von Death und Thrash Metal über Heavy Metal bis hin zu Gothic Metal war hier alles dabei und ein Hammersong jagte den nächsten. Hier konnte man den ersten Abend bestens ausklingen lassen.

WGT 2018 INFOS + TICKETS

WGT 2018 – Samstag

Der zweite WGT-2018-Tag begann mit einem gepflegten Frühschoppen in der Getränkefeinkost Leipzig, dem Laden mit der besten (Craft-)Bier-Auswahl in ganz Leipzig. Das hat sich offenbar auch bei WGT-Besuchern mittlerweile herumgesprochen, denn während unseres Aufenthalts kamen immer wieder Gruftis rein, um sich für die nächsten Tage einzudecken. Zur Krönung holten wir uns aus der keine fünf Minuten entfernten Mintastique ein paar erstklassige handgemachte Cupcakes – extra fürs WGT gab es zum Beispiel die Steampunk-Edition mit kleinen Schoko-Zahnrädern. Vor drei Jahren entdeckten wir auf dem WGT das Atelier der beiden Künstler Michael Schreckenberger und Martin Hermeling, in dem sie ihre Bilder bzw. Skulpturen und auch die Werke anderer lokaler Künstler ausstellen. Seitdem statten wir ihnen zum WGT regelmäßig einen Besuch ab, da sie sich speziell für das WGT immer etwas Besonderes einfallen lassen. Für dieses Jahr hatte Hermeling einige Bilder von berühmten Musikern gemalt – darunter zum Beispiel Lemmy von Motörhead und Andrew Eldritch von den Sisters of Mercy. Die meisten Blicke zog aber die „Erotic Art“ des Leipzigers Bernhard Berres auf sich. Seine Sonderausstellung „Total Genital“ zeigte Bilder und Schmuckstücke von Genitalien. Besonders eindrucksvoll: Vagina-Kettenanhänger aus Metall, die ihren Ursprung in Alginat-Abdrücken des Originals haben.

Nur wenige Minuten vom Atelier entfernt liegt das Leipziger Stadtbad, ein historisches Gebäude, das schon lange nicht mehr als Schwimmbad, sondern als Veranstaltungslocation genutzt wird. Dort lauschten wir dem britischen Duo CONFRONTATIONAL, die uns beim Durchhören der einzelnen Künstler im Vorfeld überzeugt hatten. Live machten die beiden Jungs ihre Sache sogar noch besser – ihr Retro Dark Wave gepaart mit modernen elektronischen Spielereien und gelegentlichen rockigen Ausflügen sorgte für eine hypnotische Stimmung und brachte das zur Hälfte gefüllte Stadtbad zum Tanzen.

Anschließend waren wir gespannt auf das Westbad (ebenfalls kein Schwimmbad, sondern auch eine Veranstaltungslocation), das in diesem Jahr zum ersten Mal dabei war und offensichtlich den Kohlrabizirkus als zweitgrößte Halle ablösen sollte. Dieser Schuss ging leider komplett nach hinten los. Vor dem Westbad und in den Gängen herrschte dichtes Gedränge, die Halle selbst fasste höchstens ein Drittel der Besucher, die in den Kohlrabizirkus gepasst hätten. Entsprechend hieß es leider auch hier: Nur schnell Fotos machen bei EDEN WEINT IM GRAB und dann auch ganz schnell wieder raus. Wir waren heilfroh, dass an den letzten beiden Tagen im Westbad keine Band auf dem Programm stand, die uns interessiert hätte. Das einzig Gute an der Location war an diesem Abend der gemütliche, versteckte Biergarten gegenüber.

Um dem Tag musikalisch noch etwas abzugewinnen fuhren wir gegen zwölf Uhr ins Haus Leipzig. Dort findet seit einigen Jahren der „Dunkelromantische Tanz“ statt – eine feste Institution für alle Gruftis, die eher den ruhigen düsteren Klängen frönen. Eine schöne Veranstaltung mit guten DJs, die an der tristen Location krankt. Ein paar Sitzgelegenheiten oder zumindest Stehtische hätten dem großen Saal gut zu Gesicht gestanden.

WGT 2018 – Sonntag

Am Pfingstwochenende fand in Leipzig nicht nur das WGT, sondern auch die 20. Auflage der Leipziger Bierbörse statt – ein Volksfest mit über 50 Brauereien aus dem In- und Ausland. In den letzten Jahren konnte man dort neben den üblichen Großbrauereien auch einige regionale Craft-Bier-Brauer antreffen, weshalb wir uns auch diesmal zu einem Kurzbesuch entschlossen. Vor Ort am Völkerschlachtdenkmal angekommen und einmal alles abgelaufen machte sich jedoch Ernüchterung breit. Die Fläche hatte sich im Vergleich zum Vorjahr nahezu halbiert und bis auf die Zwönitzer Brauerei und Stonewood aus Chemnitz waren Biere abseits des Massenstandard Mangelware. Nach ein paar tollen IPAs am Stonewood-Stand hatten wir deshalb alles Wichtige gesehen und machten uns wieder auf den Weg. Den restlichen Tag sollten wir im Felsenkeller verbringen, der mit einem guten Line-Up aufwartete und zudem noch einen der besten Biergärten in ganz Leipzig besitzt. Nachdem wir einer Portion Gulasch den Vorzug gegenüber der ersten Band CELLAR DARLING gegeben hatten, fanden wir uns rechtzeitig zu AEVERIUM im Felsenkeller ein. Und waren entsetzt über den Witz eines Fotograbens, der gerade mal 40 Zentimeter Abstand zur Bühne bot, der von den Standfüßen der Absperrgitter sogar noch reduziert wurde und dadurch extremes Stolper- und Verletzungsrisiko bot.

Trotz der frühen Zeit hatte sich die Hütte schon ordentlich gefüllt – und schnell wurde klar warum. AEVERIUM hatten nicht nur mitreißenden und ohrwurmlastigen Gothic Metal im Gepäck, sondern mit dem Gesangsduo Marcel Römer und Aeva Maurelle auch zwei echte Rampensäue. Eigentlich kaum zu glauben, dass das Debütalbum gerade mal drei Jahre alt ist – andere Bands brauchen Ewigkeiten, um solch eine Show abzufackeln und die Interaktion mit dem Publikum so gut zu beherrschen. Musikalisch schrammen AEVERIUM manchmal nur ganz knapp am Kitsch vorbei, bleiben aber in jeder Sekunde sympathisch und authentisch. Große Klasse!

Von den Stuttgartern PYOGENESIS liefen Mitte der 90er zwei Scheiben ziemlich oft in meinem Player: die EP „Waves of Erotasia“ und das Album „Twinaleblood“. Danach verlor ich die Band aus den Augen und kann mich nur noch daran erinnern, dass zwei Bandmitglieder ausstiegen um LIQUIDO zu gründen, die wiederum für einen der grausamsten Ohrwürmer aller Zeiten verantwortlich sind. Nach 20-minütiger Verzögerung aufgrund von technischen Problemen beim Soundcheck enterten PYOGENESIS die Bühne und lieferten ein mehr oder weniger solides Rockset ab. Die Stimme von Frontmann und Bandgründer Flo Schwarz war an diesem Abend leider ziemlich angeschlagen und insgesamt wirkte die Band etwas eingerostet.

Unsere größte Neuentdeckung auf dem WGT waren zweifellos die Holländer DOOL, die im letzten Jahr erst ihr Debut veröffentlicht hatten und nun schon als vorletzte Band des Abends ran durften. Zwei DOOL-Mitglieder waren früher bei THE DEVIL’S BLOOD aktiv, deren Einflüsse man deutlich heraushören konnte. Doch wo bei THE DEVIL’S BLOOD der 70er-Jahre Psychedelic Rock dominierte, gesellen sich bei DOOL zahlreiche Einflüsse aus dem Doom Metal, Stoner Metal, Gothic Rock und Dark Wave dazu. Das perfekte Rezept für eine düstere, hypnotische Mischung, die von der charismatischen Frontfrau Ryanne van Dorst auf eine noch höhere Ebene gehoben wurde. Ihre vereinnahmende Stimme und Bühnenpräsenz zog die Besucher in einen Bann, dem sich keiner entziehen konnte.

Auf TIAMAT und deren Ankündigung, auf dem WGT ausschließlich Songs ihrer Alben „Clouds“ und „Wildhoney“ zu spielen, hatte ich mich am meisten gefreut. Allerdings hatte ich schon im Vorfeld Bedenken, dass der Felsenkeller für sie viel zu klein ist – schließlich haben TIAMAT auf vergangenen WGTs auch den Kohlrabizirkus schon ordentlich voll bekommen. Diese Bedenken bestätigten sich leider. Erst gab es einen Einlassstop, der aber wieder aufgehoben wurde, als nach Luft japsende Besucher scharenweise nach draußen flüchteten. Drinnen angekommen war es aufgrund von Hitze und Sauerstoffmangel leider nicht zum Aushalten, weshalb ich den Auftritt schweren Herzens sausen ließ.

WGT 2018 – Montag

Auch den letzten Tag wollten wir komplett im Felsenkeller verbringen, da sich am Montag dort alles um Pagan Metal und Black Metal drehte. Angst vor Überfüllung musste man diesmal nicht haben, da im Gegensatz zu den vergangenen Jahren kein hochkarätiger Headliner dabei war. Nichts gegen HEIDEVOLK, aber wenn man sich anschaut, was in den letzten Jahren montags so gespielt hat, war das dieses Jahr eher ernüchternd. Zumal HEIDEVOLK bereits am Vorabend im Heidnischen Dorf auf der Bühne standen. Der Felsenkeller war deshalb den gesamten Tag über maximal zu einem Drittel gefüllt. Den Anfang machten am späten Nachmittag GRIMNER aus Schweden, die man optisch locker auch in der Serie „Vikings“ hätte mitspielen lassen können. Mit ihrem fröhlichen Folk Metal waren sie ein guter Anheizer für die folgenden Bands – Gute-Laune-Melodien mit harten Riffs, ohne jedoch ins Alberne abzudriften. Wer es dudelig mag, ist hier voll auf seine Kosten gekommen. Allerdings ähnelten sich die Songs insgesamt doch sehr stark, so dass wir nicht ganz bis zum Ende blieben und lieber im Biergarten noch die müden Füße schonten.

Deutlich grimmiger wurde es anschließend bei EMINENZ, dem erzgebirgischen Black-Metal-Urgestein, das in den 90ern insbesondere mit dem zweiten Album „The Heretic“ zu den besten deutschen Genrevertretern zählte. Ehrlich gesagt wusste ich gar nicht, dass EMINENZ noch existieren – schließlich hat das letzte Album schon sieben Jahre auf dem Buckel und auch sonst war es ziemlich ruhig um die Band. Ihr Auftritt gestaltete sich hingegen alles andere als ruhig. EMINENZ knüppelten und schredderten sich eine Stunde durch ihre Diskografie und bewiesen, dass sie noch lange nicht zum alten Eisen gehören. Auf dem WGT gaben sie sich jedoch etwas zahmer als bei ihren regulären Auftritten, wo auch gerne mal Tierköpfe und Gedärme auf der Bühne liegen.

Wenn es darum geht, an einem letzten Festivaltag den müden Knochen noch mal Leben einzuhauchen, sind WOLFCHANT eine sichere Bank. Auch an diesem Abend zeigten sich die bayerischen Pagan-Metaller in Bestform. Die beiden Frontmänner Lokhi und Nortwin versuchten sich wie gewohnt gegenseitig zu übertreffen, so dass sie schon ab dem zweiten Song komplett durchgeschwitzt waren. Die Interaktion mit dem Publikum beherrschen sie nahezu perfekt und entsprechend hart wurden WOLFCHANT von ihren Fans gefeiert. Lediglich die fehlende Abwechslung macht sich auch bei WOLFCHANT im Laufe eines einstündigen Sets bemerkbar.

Black Metal from the Black Forest stand anschließend auf dem Programm. IMPERIUM DEKADENZ aus dem Schwarzwald gehören neben DER WEG EINER FREIHEIT zweifellos zu den progressivsten Black-Metal-Bands, die in Deutschland derzeit unterwegs sind. Im Gegensatz zu vielen anderen Genrevertretern steht bei IMPERIUM DEKADENZ weniger das Aggressive im Vordergrund, sondern vielmehr das Erschaffen einer eisigen Atmosphäre. Frostige Drums bereiten den Weg für epische Melodien und klirrende Riffs, die auch gerne mal in Songs jenseits der Acht-Minuten-Marke gipfeln. Ein klasse Auftritt, dessen einziger Wermutstropfen die zu leise abgemischte Lead-Gitarre war.

Den Headliner an diesem Abend gaben HEIDEVOLK – aus bereits erwähnten Gründen leider nur vor 200-300 Leuten. Schade, dass es den Veranstaltern nicht gelungen ist, einen namhafteren Act zu buchen, denn dann hätten auch HEIDEVOLK im Vorprogramm vor ein paar mehr Leuten gespielt. Das wäre verdient gewesen, denn die niederländischen Pagan/Folk-Metaller sind live ein Garant für Partystimmung. Auf ihrem aktuellen Album „Vuur Van Verzet“ haben sie sich zwar nicht nennenswert weiterentwickelt, ihren Stil aus flotten Ohrwurm-Melodien und zweistimmigem Gesang dafür perfektioniert. Bester Beweis sind Songs wie „A Wolf in My Heart“, die sich erbarmungslos in die Gehörgänge fressen. Aufgrund des ähnlichen Stils drängen sich Vergleiche mit WOLFCHANT auf und hier bewiesen HEIDEVOLK, dass sie ihren bayerischen Genrebrüdern musikalisch noch ein bisschen was voraus haben.

Heimlicher Headliner des Abends war dann allerdings DJ Kermit aus Leipzig, der im Naumanns nebenan zur WGT-Metal-Abschlussparty einlud. Wer mit den Metalbands der 80er und 90er Jahre aufwuchs, erlebte hier eine geniale Zeitreise durch etliche Klassiker aus dieser Zeit und aus allen Metalgenres. Von IRON MAIDEN und JUDAS PRIEST über SODOM und SLAYER bis hin zu TIAMAT und MOONSPELL war hier wirklich alles dabei. Wer da nicht Luftgitarre spielte, war selber schuld. Die Party bildete somit einen versöhnlichen Abschluss eines stellenweise durchwachsenen WGTs, das dieses Jahr doch mehr Kritikpunkte mit sich brachte, als man es aus den vergangenen Jahren gewohnt war.

WGT 2018 – Fazit

Licht und Schatten hielten sich die Waage auf dem WGT 2018. Vor der Planung und Organisation eines Festivals in dieser Größenordnung ziehe ich nach wie vor meinen Hut, und im Großen und Ganzen hat auch dieses Jahr wieder alles reibungslos funktioniert. Dennoch muss man sich die Frage stellen, ob manche Bands nicht in viel zu kleinen Locations gespielt haben – siehe THE BEAUTY OF GEMINA und vor allem TIAMAT. Der Kohlrabizirkus als zweitgrößte Location fehlte an allen Ecken und Enden. Das Westbad mit seiner deutlich kleineren Halle hat als Ersatz versagt. Mit dem Wegfall des Kohlrabizirkus wurde außerdem der traditionelle Metal-Samstag eliminiert, der uns in den vergangenen Jahren Konzerte von ROTTING CHRIST, PRIMORDIAL, PARADISE LOST, AMORPHIS, MOONSPELL und vielen mehr bescherte. Dadurch war unsere persönliche Liste an Must-See-Bands deutlich schlanker, als wir das gewohnt sind. Ich hoffe sehr, dass sich das nächstes Jahr wieder ändert – der Anreiz, sich als Metalfan ein WGT-Ticket zu holen, war in diesem Jahr zu klein. Fans anderer Genres sind hingegen sehr gut auf ihre Kosten gekommen.

In diesem Zusammenhang muss man sich auch die Frage stellen, ob die Sonderstraßenbahnlinie 31, die vom Hauptbahnhof über Kohlrabizirkus und Volkspalast zur AGRA fährt, noch ihre Daseinsberechtigung hat. Sinnvoller wäre es vielleicht, eine zusätzliche Anbindung in den Leipziger Westen zu schaffen, wo mit Täubchenthal, Felsenkeller und Westbad inzwischen die drei nächstgrößeren Locations nach der AGRA relativ nah beieinander liegen. Zwar fuhr hier ein Sonderbus vom Westen zum Connewitzer Kreuz, aber erst ab 22:00 Uhr.

Absolut indiskutabel war der lächerliche (und gefährliche) Fotograben im Felsenkeller, der deutlich kleiner war als in den vergangenen Jahren. Wäre hier ein Fotograf in der Mitte gestolpert und hingefallen, hätte es kaum einen Ausweg gegeben. Ob die Veranstalter hier alle Sicherheitsvorschriften beachtet haben, wage ich sehr zu bezweifeln. Was das Rahmenprogramm angeht, gibt es hingegen absolut nichts zu meckern. Hier ist es nach wie vor schön zu sehen, wie das WGT, die Museen der Stadt Leipzig und eigene Veranstalter ein riesiges Kulturprogramm zusammenstellen, das um einiges mehr Interessantes zu bieten hat als man tatsächlich schaffen kann. Trotz der Kritik ist und bleibt das WGT der schönste und wichtigste Termin für die Schwarze Szene. Wer noch nie in Leipzig auf dem Wave-Gotik-Treffen war, sollte das unbedingt nachholen. Denn die Stimmung und Atmosphäre, wenn eine ganze Stadt für vier Tage schwarz wird und es an jeder Ecke etwas zu entdecken gibt, ist unvergleichlich und unbezahlbar.

Danke für den Text: Felix Wisotzki