Wave-Gotik-Treffen 2018: Wenn eine Stadt zum schwarzen Mekka wird


(Bild: stagr / Katja Wisotzki)

WGT 2018 – Sonntag

Am Pfingstwochenende fand in Leipzig nicht nur das WGT, sondern auch die 20. Auflage der Leipziger Bierbörse statt – ein Volksfest mit über 50 Brauereien aus dem In- und Ausland. In den letzten Jahren konnte man dort neben den üblichen Großbrauereien auch einige regionale Craft-Bier-Brauer antreffen, weshalb wir uns auch diesmal zu einem Kurzbesuch entschlossen. Vor Ort am Völkerschlachtdenkmal angekommen und einmal alles abgelaufen machte sich jedoch Ernüchterung breit. Die Fläche hatte sich im Vergleich zum Vorjahr nahezu halbiert und bis auf die Zwönitzer Brauerei und Stonewood aus Chemnitz waren Biere abseits des Massenstandard Mangelware. Nach ein paar tollen IPAs am Stonewood-Stand hatten wir deshalb alles Wichtige gesehen und machten uns wieder auf den Weg. Den restlichen Tag sollten wir im Felsenkeller verbringen, der mit einem guten Line-Up aufwartete und zudem noch einen der besten Biergärten in ganz Leipzig besitzt. Nachdem wir einer Portion Gulasch den Vorzug gegenüber der ersten Band CELLAR DARLING gegeben hatten, fanden wir uns rechtzeitig zu AEVERIUM im Felsenkeller ein. Und waren entsetzt über den Witz eines Fotograbens, der gerade mal 40 Zentimeter Abstand zur Bühne bot, der von den Standfüßen der Absperrgitter sogar noch reduziert wurde und dadurch extremes Stolper- und Verletzungsrisiko bot.

Trotz der frühen Zeit hatte sich die Hütte schon ordentlich gefüllt – und schnell wurde klar warum. AEVERIUM hatten nicht nur mitreißenden und ohrwurmlastigen Gothic Metal im Gepäck, sondern mit dem Gesangsduo Marcel Römer und Aeva Maurelle auch zwei echte Rampensäue. Eigentlich kaum zu glauben, dass das Debütalbum gerade mal drei Jahre alt ist – andere Bands brauchen Ewigkeiten, um solch eine Show abzufackeln und die Interaktion mit dem Publikum so gut zu beherrschen. Musikalisch schrammen AEVERIUM manchmal nur ganz knapp am Kitsch vorbei, bleiben aber in jeder Sekunde sympathisch und authentisch. Große Klasse!

Von den Stuttgartern PYOGENESIS liefen Mitte der 90er zwei Scheiben ziemlich oft in meinem Player: die EP „Waves of Erotasia“ und das Album „Twinaleblood“. Danach verlor ich die Band aus den Augen und kann mich nur noch daran erinnern, dass zwei Bandmitglieder ausstiegen um LIQUIDO zu gründen, die wiederum für einen der grausamsten Ohrwürmer aller Zeiten verantwortlich sind. Nach 20-minütiger Verzögerung aufgrund von technischen Problemen beim Soundcheck enterten PYOGENESIS die Bühne und lieferten ein mehr oder weniger solides Rockset ab. Die Stimme von Frontmann und Bandgründer Flo Schwarz war an diesem Abend leider ziemlich angeschlagen und insgesamt wirkte die Band etwas eingerostet.

Unsere größte Neuentdeckung auf dem WGT waren zweifellos die Holländer DOOL, die im letzten Jahr erst ihr Debut veröffentlicht hatten und nun schon als vorletzte Band des Abends ran durften. Zwei DOOL-Mitglieder waren früher bei THE DEVIL’S BLOOD aktiv, deren Einflüsse man deutlich heraushören konnte. Doch wo bei THE DEVIL’S BLOOD der 70er-Jahre Psychedelic Rock dominierte, gesellen sich bei DOOL zahlreiche Einflüsse aus dem Doom Metal, Stoner Metal, Gothic Rock und Dark Wave dazu. Das perfekte Rezept für eine düstere, hypnotische Mischung, die von der charismatischen Frontfrau Ryanne van Dorst auf eine noch höhere Ebene gehoben wurde. Ihre vereinnahmende Stimme und Bühnenpräsenz zog die Besucher in einen Bann, dem sich keiner entziehen konnte.

Auf TIAMAT und deren Ankündigung, auf dem WGT ausschließlich Songs ihrer Alben „Clouds“ und „Wildhoney“ zu spielen, hatte ich mich am meisten gefreut. Allerdings hatte ich schon im Vorfeld Bedenken, dass der Felsenkeller für sie viel zu klein ist – schließlich haben TIAMAT auf vergangenen WGTs auch den Kohlrabizirkus schon ordentlich voll bekommen. Diese Bedenken bestätigten sich leider. Erst gab es einen Einlassstop, der aber wieder aufgehoben wurde, als nach Luft japsende Besucher scharenweise nach draußen flüchteten. Drinnen angekommen war es aufgrund von Hitze und Sauerstoffmangel leider nicht zum Aushalten, weshalb ich den Auftritt schweren Herzens sausen ließ.