So war das Roskilde Festival 2018 am Freitag + Samstag


Roskilde 2018 / Roskilde Festival 2018
(Bild: stagr / Marten Körner)

Freitag

Unseren Einstieg für heute besorgt uns am frühen Nachmittag im Pavillion Skeletonwitch. Die Jungs aus Ohio haben mittlerweile 5 Album mit sehr schwarzem Thrash Metal veröffentlicht. Der Lohn war neben erfolgreichen Tourneen auch das booking als support für Ozzy Osbourne, Danzig, Ghost, Amon Amarth u.v.a. Bedrohliche Riffs, peitschender Rhythmus, geradezu wütender Gesang. Spätestens jetzt sind wir wach!

Aber wir haben keine Chance zum Verschnaufen. Dead Cross auf der Avalon Stage rüttelt uns mit hyperaktivem Hardcore Punk völlig durch! Mike Patton, der ehemalige Sänger von Faith no more, sagte in Ankündigung des Konzerts: „Es wird keine verrückte Lichtshow oder Produktion irgendwelcher Art geben. Es werden vier verdammte Typen auf der Bühne sein, die nur Köpfe abschneiden.“ Wir haben gut aufgepasst und sind (mit Kopf) davongekommen! Auf der Arena Stage spielen die Fleet Foxes. Mit ihrem teils etwas psychedelischen Pop sorgen sie für entspanntes Festivalgefühl.

Mit (Sandy) Alex G treffen wir wieder zurück im Pavillion auf „den besten geheimen songwriter des internets“. Der sehr produktive Alex G hat bereits acht Alben veröffentlicht und ist mit seinem Charisma ohne weiteres in der Lage, dem Pavillion eine so intime Atmoshäre zu geben, als wäre es ein Wohnzimmerkonzert.
Nick Cave & the bad seeds gibt definitiv eines der besten Konzerte des Festivals. Auch, wenn er bisweilen etwas verärgert über irgendwelche technischen Probleme erscheint, er springt wie ein Derwisch über die Bühne, springt spontan ans Klavier (neben den Pianisten), geht runter an den Zaun und nimmt Tuchfühlung mit dem Publikum. Das Programm pendelt zwischen Songs wie „Stagger Lee“ und dem wunderschönen „Into my arms“ und wieder einmal ist bewiesen, dass auch Musiker jenseits der 60 ihr Publikum (in Roskilde im Schnitt 24) auf der Orange Stage packen!

Pablo Moses, die mittlerweile 70 jährige Reggae Legende (2014 wurde er in die Reggae Legends Hall of Fame aufgenommen) steht bei strahlend blauem Himmel auf der Orange Stage und wenn wir um uns herumschauen sehen wir nur schwingende Hüften und lächelnde Gesichter. Es duftet nach würzigem Rauch. Pablo verkündet: „Some people call it grass, we call it herbs!“ Würde im Hintergrund das Meer rauschen, wären wir auf Jamaika…“

Celeste auf der kleinsten Bühne, der Gloria Stage verwirrt uns etwas. Die Halle ist komplett dunkel, unterbrochen von gelegentlichen Stroboskopblitzen, die Band mit roten Stirnlampen. Wir sehen quasi nichts. Musikalisch ist das, was als Sludge, Black Metal, Post Hardcore beschrieben ist, vor allem erst einmal uuuunglaublich laut. Verbunden mit der Dunkelheit halten wir das nur eine Viertelstunde durch. Sorry. Myrkur bzw. Amalie Bruun ist auf dem Festival 2x zu erleben. Zunächst als mystisches Lichtwesen mit ihrem Black Metal Projekt um 00.15 Uhr. Wir haben uns von dem Schock bei Celeste erholt und können den mystischen Gesängen eher folgen. Massive Attack auf der Orange verleitet uns, unsere letzte Kraft aufzubieten und wir tanzen in den Lichtkegeln der Scheinwerfer bis es wieder hell wird.

Samstag

Letzter Tag. Wir beschließen, es heute ruhig angehen zu lassen und schauen überall mal vorbei. Zunächst zum zweiten Auftritt von Myrkur. Diesmal im Halbdunkel der Gloria Stage und mit dem Programm „Folkesange“, zu Deutsch „Volkslieder“. Wer skandinavische Volksmusik kennt, weiß, was für wunderschöne, bezaubernde Melodien wir genießen dürfen. Wir küren dieses Konzert zum emotionalsten des gesamten Festivals. Danach brauchen wir erst einmal ein wenig Ruhe und kämpfen bei einem Tuborg schon ein wenig mit dem „Festivalblues“, der sich in Anbetracht des herannahenden Endes einstellt.

Da hilft das Bingospielen am alljährlich auf dem Festival vertretenen Sankt Pauli Stand. Täglich um 17.23 Uhr findet das Bingospielen statt. Gewinne sind dann halb leere Sektflaschen und ähnliche Gaudipreise. Zwischendurch gibt’s mal eine Runde Mümmelmann und alle sind vergnügt. Im Food Court futtern wir wie in jedem Jahr auf höchstem Festivalniveau. Diesmal gibt’s einen absolut köstlichen veganen Burger. Wer hätte das gedacht? Irgendwie merken wir, dass langsam die Luft bei uns raus ist und wir genießen einfach das Schlendern über das Gelände. Dabei stolpern wir unweigerlich über Nachbauten von vier der acht Prototypen für Trumps Mauer zu Mexiko. Das ist schon ein krasser Kontrast. Fröhlich feiernde Menschen vor dem Hintergrund dieser monströsen Idee…

Auf der Apollo Stage legt die DJane Kedr Livanskiy auf. Klänge „aus den Betonbunkern Moskaus“ sind angekündigt. Die „hypnotische underground Club Musik“ springt so richtig am bei strahlendem Sonnenschein frühen Abend nicht über. Die Gorillaz geben uns ein feines Abschlusskonzert, alles tanzt und feiert. Ein paar Jungs sind auf eine Plakatsäule geklettert und hüpfen halsbrecherisch darauf herum. Bei ihnen geht das gut, aber den Rapper Del the Funkee Homosapien erwischt es. Er fällt im Gehen geradewegs die knapp 3m von der Bühne und muss im Krankenhaus ärztlich versorgt werden. Leider muss das Konzert somit im Zugabenblock abgebrochen werden. Ein etwas trauriger Abschluss.

Wir stolpern mit den anderen 130.000 Menschen in unser Camp und wissen schon jetzt, was wir im nächsten Jahr zur selben Zeit machen werden. Roskilde 2019, wir werden dabei sein!

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