So war das Ragnarök Festival 2017 – Samstag


Ragnarök Festival 2017 / Primordial
(Bild: stagr / Hannes Fuchs)

helrunar

Mit Helrunar verbleiben wir in der gleichen Region, auch wenn den Münsteranern Lokalpatriotismus in ihrer Musik am Allerwertesten vorbeigeht. Auch wollen sich die deutsche Black-Metaller heute nicht beim Musikantenstadel einreihen. Obwohl vielfach gefordert fehlen heute die großen Hymnen wie „Älter als das Kreuz“. Stattdessen steht heute fast ausschließlich Songs der letzten beiden Alben ‚Niederkunft‘ und ‚Sól‘ auf dem Programm. Allein „Frostnacht“ und  „Unten und im Norden“ sind älteren Datums. Ein solider Auftritt, aber der Funke will nicht so auf das Publikum überspringen wie in der Vergangenheit.

helrunar BEIM RAGNARÖK FESTIVAL 2017

dornenreich

Nach dem Akustik-Set am Vorabend nehmen Dornenreich einen weiteren Anlauf, um das Publikum zu begeistern. Unterstützt von Schlagzeuger Gilván treten Eviga und Inve heute elektrifiziert vor das geneigte Festivalpublikum, um tiefer in die Historie von Dornenreich einzutauchen. Mit „Leben lechzend‘ Herzgeflüster“ vom 1999er Album ‚Bitter ist’s dem Tod zu dienen‘ und „Eigenwach“ von dessen Nachfolger „Her von Welken Nächten‘ wirbt man auch um die Fans der ersten Stunde. Viele dieser frühen Fans konnte sich nie so ganz mit dem Ausstieg von Valñes arrangieren. Ob eine Geige das Keyboard ersetzen kann, bleibt am Ende doch Geschmackssache. Eine Wiederholung vom Vorabend gibt es mit „Jagd“ dann schließlich doch. Schlussendlich kommt fast jedes Album zu seinem Recht, bevor mit „Trauerbrandung“ der letzte Song von Eviga angestimmt wird. Ob man Dornenreich nun mag oder nicht, man muss neidlos anerkennen, dass der Ausnahmemusiker Eviga seine Musik mit jeder Faser seines Körpers lebt. Allein dafür lohnt sich das Erlebnis.

DORNENREICH BEIM RAGNARÖK FESTIVAL 2017

primordial

„Are you with us?“ Bevor auch nur ein Takt gespielt ist, drehen Primordial den Pathos-Regler bis zum Anschlag auf und dort verbleibt er für den Rest des Abends. Was bei den vielen Bands Reaktionen zwischen Argwohn und Abscheu provoziert, gehört bei den Iren zum festen Programm. Sänger Alan will gefeiert werden und er wird es ohne jedes Wenn und Aber. Nicht zuletzt, weil seine übertriebene Bühnenshow gut zu den bittersüßen Melodien passen will. Weit ab von Traditionals und in Pub tauglichem Irish-Folk wird nun Celtic-/Black-Metal ureigenster Prägung unter das Volk gebracht. Los geht die Reise mit „Where Greater Men have“ fallen vom letzten Release gleichen Namens aus dem Jahr 2014. Danach folgt ein Potpourri aus den letzten 12 Jahren: Auf „No Grave Deep Enough“ folgt das relativ junge „Babel’s Tower“, worauf sich „Traitors Gate“ und „As Rome Burns“ vom 2007er ‚To the Nameless Dead“ reihen. Mit „Coffin Ships“ vom 2005er ‚Gathering Wilderness‘ wird die letzte Phase des triumphalen Auftritts der Iren eingeläutet. Der letzte Song „Empire Falls“ erklingt bereits außerhalb der regulären Spielzeit. Daher wird auf der Nachbarbühne bereits munter am Sound gefeilt, was das Erlebnis etwas trübt – aber nur etwas.

primordial BEIM RAGNARÖK FESTIVAL 2017

dark funeral

Dark Funeral stehen für ein beinahe Vierteljahrhundert an Kontinuität. Auch im Jahre 2017 sind die Schweden keinen BPM langsamer geworden und liefern noch immer kompromisslose, technisch ausgefeilte Black-Metal-Raserei. Ähnlich wie ihre Kollegen von Marduk haben sie im Laufe der Zeit schon einige Sänger verschlissen.  Nummer vier auch bekannt als Heljarmadr hat das Mikro seit 2014 inne und schlägt sich heute Abend mehr als achtbar. Trotz allem vermisst so mancher den guten Emperor Magus Caligula. Nach triumphalem Intro legen die Schweden dann gleich mächtig los: „Unchain My Soul“ vom letzten Album gefolgt vom Klassiker „Secret of the Black Arts“. So schnell kann man eben mal 20 Jahre in die Vergangenheit reisen. Im Verlauf der nächsten Stunde kommt jedes Album zu seinem Recht von ‚Vobiscum Satanas‘ mit „Ravenna Strigoi Mortii“ über ‚Diabolis Interium‘ („The Arrival of Satan’s Empire“), ‚Attera Totus Sanctus‘ („666 Voices Inside“) und ‚Angelus Exuro pro Eternus‘ („Stigmata“) bis zu „Where Shadows Forever Reign“. Insgesamt ein überzeugender Auftritt bei glasklarem Sound.

Dark Funeral BEIM RAGNARÖK FESTIVAL 2017

cruachan

Mit Cruachan steht erneut irischer Celtic-Metal an. Anders als Primordial gehen Keith Fay und seine Mannen einen traditionelleren Weg und sind sich nicht zu schade für Tinwhistle, Bodhrán, Banjo und Geige. Ihre Songs wurzeln zwar ebenfalls im Black-Metal betonen aber eher die fröhlichen und kämpferischen Aspekte der irischen Geschichte. Stellvertretend dafür stehen die Songs an diesem Abend „The Morrigan’s Call“, „Ride On“ und „I am Warrior“.  In knapp 50 Minuten bieten Cruachan einen Querschnitt durch ihre Historie. Vom Debutalbum ‚Tuatha na Gael‘ bis zum letzten Release ‚Blood for the Blood God‘ wird fast jede Station ihrer Karriere einmal angespielt. Dabei versprüht der Fünfer aus Dublin fässerweise Spielfreude. Was zum perfekten Auftritt noch fehlt: Ein frischgezapftes Guinness oder Murphy’s Red!

Cruachan BEIM RAGNARÖK FESTIVAL 2017

Todtgelichter

Die aus Hamburg stammenden Todtgelichter beenden an diesem Abend nach 15 Jahren ihre Band-Karriere. Sängerin Marta und ihre Mitstreiter haben sich eine Pause auf unbestimmte Zeit verordnet. Ihren Fans machen sie dabei wenig Hoffnung, dass das Buch namens Todtgelichter jemals wieder aufschlagen werden wird. So ist dieser letzte Auftritt ein Abschied von den Fans. Ein Abschied von einem mehr als einem Jahrzehnt Avantgarde-Metal. Abschied von einem bemerkenswerten Bühnenkonzept. Letztlich auch der Abschied vom 2017er Ragnarök.

TODTGELICHTER BEIM RAGNARÖK FESTIVAL 2017

So oder so es ist ein besonderer Abend, ein emotionaler Abend für alle Beteiligten. Dennoch verbleibt der fade Beigeschmack, dass die Hamburger den Rausschmeißer geben. Es wäre dieser außergewöhnlichen Kombi zu wünschen gewesen, sich vor vollem Haus verabschieden zu dürfen. So sind es wenigstens die Treuesten der Treuen, die verbleiben. Diese erleben mit „Zuflucht“, „Café Of Lost Dreams“, „Blutstern“, „Phobos & Deimos“, „Ghost“, „Soil“, „Embers“, „Neon“ und „Pacific“ ein ausgewogenes Set, das repräsentativ für das Selbstverständnis der Band steht. Daher verwundert es auch nicht, dass die frühen rein schwarz-metallischen Jahre kaum repräsentiert sind. Präsent hingegen wird die Vergangenheit als der ehemalige Gitarrist und langjährige Mitstreiter Claudio beim allerletzten Song der Hamburger auf die Bühne kommt. Eine letzte Verbeugung.

Und so geht auch die 14. Ausgabe des Ragnarök-Festivals zu Ende. Wie üblich glänzt das Ragnarök durch perfekte Organisation und auch die Soundprobleme der letzten Jahre hatte man bis auf wenige Ausnahmen im Griff. Netterweise hatte der Wettergott ein Einsehen: Statt das Festival mit Regen und Hagel zu torpedieren, war es weitestgehend trocken und am Freitag sogar zeitweilig sonnig. In Erinnerung bleibt ein Festival, dass mit bester Feierlaune (FInsterforst, Kultasiipi), großartiger Musik (Primordial, Ferndal, Anomalie) und bewegenden Auftritten (Todtgelichter, Dornenreich) punkten konnte. Wir freuen uns aufs nächste Jahr!

Danke an:
Hannes Fuchs (Dvergir Photography) für Bilder und Text