Roskilde Festival 2017 – Wir sind zurück


Schon vor 2 Monate vor dem Roskilde Festival 2017 haben wir unser Kick Off-Treffen absolviert, uns die avisierten aufstrebenden Bands über YouTube erschlossen und darüber ausgetauscht, ob die Headliner aus unserer Sicht die Orange Stage verdient haben. Die Vorfreude ist wie immer gewaltig und um so mehr drückt die Wetterprognose auf die Stimmung. Wenigstens im Trockenen aufbauen werden wir unser Camp auf dem Caravan District wohl.

Schon am Kontrollpunkt, der uns auf das riesige Areal der Zeltplätze führt bemerken wir – es ist anders geworden …  Sah man all die vielen Jahre Polizisten so gut wie nie auf dem Gelände, stehen jetzt Sicherheitskräfte mit Maschinenpistolen neben dem (auch neuen) riesigen Stahltor, das offensichtlich ein gewaltsames Eindringen von Fahrzeugen verhindern soll. Am Kontrollpunkt zum eigentlichen Konzertgelände offenbart sich, was es bedeutet, 10.000de Festivalbesucher abzutasten und sämtliche Beutel, Taschen usw. zu kontrollieren: Wartezeit. Aber – wir blicken in skandinavisch gelassene, fröhliche Gesichter wohin wir schauen. Man nimmt es, wie es ist. Wären wir Deutschen zu Hause auch so entspannt? Leider verpassen wir durch diese unfreiwillige Lektion in Geduld unser erstes Konzert von A Day To Remember. Anyway.

Roskilde Festival 2018 Tickets + Infos:

Warpaint

Der ehemalige Red Hot Chili Peppers-Gitarrist John Frusciante ist einer guten Eingebung gefolgt, als er sich entschloss die erste EP von Warpaint zu mastern. Seitdem haben die vier Mädels aus L.A. ihre Liveshows musikalisch und optisch voller Groove, Trance und mitreißender Dance-Tracks perfektioniert. Man könnte auch jeden Titel einzeln nur an den Tänzen der Bassistin Jenny Lee Lindberg erkennen. Dazu noch die perfekt getimten und sehr komplexen Vocals der beiden Gitarristinnen Theresa Wayman und Emily Kokal.

Es wurde schnell mystisch in der Arena, die mit 17.000 Zuschauern komplett vollgepackt war. Schwer zu begreifen, wie in diesem riesigen Zelt schon nach wenigen Songs eine derart intime und hoffnungsvolle Atmosphäre das Publikum zum Mitsingen und Tanzen brachte. Eigentlich ist 18:00 Uhr in der Arena fast ein undankbarer Slot. Jedoch nicht für Warpaint. Mit ihrem lyrisch vertonten Liebes- und Weltschmerz zu groovigen Basslinien haben sie sich und uns ein eigenes Genre geschaffen. Kein Problem, dass das letzte Album „Heads Up“ aus 2016 etwas dichter am Pop schrammt als die beiden Scheiben davor. Nach dem Konzert fiel es tatsächlich schwer sich auf andere Musik und Impressionen einzulassen. Ganz unverändert kommt man aus einer Warpaint-Show definitiv nicht raus. Wir sind gespannt wie Warpaint beim Melt! Festival vor deutschem Publikum ankommt.

Red Fang

2012 wurde Red Fang im Odeon irgendwie am zu frühen Nachmittag zwischen Weedeater und Baroness eingequetscht. Das Publikum kam einfach nicht richtig in Fahrt. Aber besser als dieses Mal am 1. Festivaltag um 21:00 Uhr im Avalon kann man Red Fang nicht platzieren. 6.000 Stoner-Fans freuten sich auf die unangefochtenen Großmeister im Bierdosen-dematerialisieren und Gegenstände zerstören. Legendär sind Red Fang durch ihre Videos voller uninspirierter Schwertkämpfe. Die sie natürlich auch immer tödlich vermasseln.

Die Orange-Tiny-Terror-Transistor-Verstärker waren schon beim Soundcheck ein echter Test für die Artdeco-Wandverkleidungen im Avalon. Red Fang bezeichnet Bands wie Led Zeppelin und Simon and Garfunkel als musikalische Vorbilder. Na ja, da kann man auch gerne Motörhead ergänzen. Extrem gut abgemischt war der Gesang von Aaron Beam, sauber von seinem Bassgewitter gelöst. Obwohl alle Songs einen extremen Drive haben, begeistert die melodische Struktur. Schöne Stoner-Variante aus Portland. Zur Zugabe gab es dann „Prehistoric Dog“. Da musste man natürlich wieder an das Video denken. Also wird beim moshen in der Frontpit freundlich gelacht und schon mal die Entfernung zum nächsten Tuborg-Stand gecheckt.

Rag’n’Bone Man

Mit einem breiten und sympathischen Lachen erscheint Rory Charles Graham um Punkt 23:00 auf der sparsam beleuchteten Bühne des Avalon. Er schließt die Augen, fängt an zu singen und das Publikum im überfüllten Zelt ist sofort gefesselt und still. Bei den ersten Titeln bekommt man die riesenhafte Erscheinung und die recht sentimentalen Songs gar nicht zusammen. Das gibt sich aber schnell weil die physische Präsenz von Rag’n’Bone Man und die Art des Vortrages im clubartig ausgeleuchteten Avalon kaum jemand unberührt lassen. Die Atmosphäre wird schnell vertraut. Nach dem Vortrag von „Skin“ stand Rag’n’Bone Man dann einige Sekunden Arm in Arm mit seiner manga-stylischen Backgroundsängerin auf der Bühne. Eine liebenswerte Geste mit einer dramatischen optischen Asymetrie – vorsichtig gesagt. Und natürlich kam dann auch „Human“,das total gefeiert wurde. Es wäre aber falsch die Wirkung der Show nur auf die bekannteren Stücke „Human“ und „Skin“ zu beschränken. Es ist diese Stimme, die körperliche Erscheinung und die fast zurückhaltende Freundlichkeit. Man nimmt diesem Kerl einfach ab, dass er sich ehrlich über seinen Erfolg freut.  Als das Konzert abmoderiert wurde, konnten wir gar nicht fassen, dass die Stunde schon vorbei sein sollte.