Donnerstag, 4. Juli, der zweite Festivaltag
Ähnlich wie zur Eröffnung am Mittwoch, wurde mit Hammer King der Tag mit zünftigen Power Metal eröffnet. Während bei Power Paladin eher Blind Guardian als Wurzel zu vermachen ist, ist bei der Formation aus Kaiserslautern eher Hammerfall und Manowar zu nennen. Man spielt nicht mit Klischees, man rühmt sich dieser – das scheint wohl (ein) Motto der Band zu sein. Und obwohl es noch sehr früh am Tage war, fanden sich nicht wenige Schaulustige zu dem Testosteronspektakel ein.
Geografisch bleiben wir in Deutschland, werden aber mal eine ganze Dimension finsterer. Die Old School Melodic Death Metal Formation Nyktophobia legte mit ordentlich Tempo und Hass los. Der 5er aus Datteln prügelte nun auch dem/der letzten Besucher*in das Trommelfell frei und hob die Lust auf ein frisches Bier zur frühen Tagesstunde an. Stilistisch eindeutig an die frühen Alben von In Flames und Co angelehnt, wurde die Gruppe ordentlich abgefeiert. Was in Anbetracht der technischen Probleme und der dadurch resultierenden Verspätung umso beeindruckender war. Routiniert zogen die Musiker*innen ihr Set durch – sehr bemerkenswert. Doch leider sollte die Band nicht die letzte Gruppe sein, die technische Probleme haben sollte.
Heldmaschine folgte im Anschluss des Melodic Death Metal Angriffes. Mit Neuer Deutscher Härte luden die Musiker*innen zum rhythmischen Klatschen ein. Da die Gruppe seit mehr als 10 Jahre in der Szene aktiv ist, finden sich nicht wenige Fans vor der Bühne ein, was in einem Heiratsantrag Seitens der Band an das feiernde Publikum gipfelte. Man hat ja schon so einiges erlebt, aber eine größere Verbundenheit zur Fankultur kann man nicht zeigen, als dieses Maß an Anerkennung.
Nun wurde es nass. Petrus öffnete während der Show von The O’Reillys And The Paddyhats die Schleusen. Aber eine nicht minder große Menge an Bier und Whiskey floss die Hälse der partyhungrigen RHZ-Besucher*innen hinunter. Schließlich zelebrieren die 7 Musiker*innen aus Gelversberg die Lebensphilosophie der Iren mit ihrer Musik, was schlichtweg die Trinklaune ins unermessliche ansteigen lässt. Dementsprechend unerschütterlich zeigte sich die Band, aber die Menge an Regen war irgendwann zu viel für die Besucher*innen.
Leidtragender der Fluten waren leider Massiv Wagons. Obwohl die Rocker aus England in Sachen Qualität keine Abstriche machten, gaben sich mehr und mehr Zuschauer*innen den Regenmassen geschlagen. Wer konnte zog sich ein Regencape über, nicht wenige jedoch suchten Schutz unter allen möglichen Überdachungen oder traten fluchtartig ihren Weg ins Camp an. Trotzdem blieb das Stimmungshoch bei weiten Teilen der restlichen Besucher*innen weiter erhalten und die Insulaner wurden klassenkonform gefeiert.
Erst mit der Heavy Metal Band Bullet aus Schweden setzte zunächst eine Regenpause ein. Allerdings kamen die Metalfans erst langsam wieder aus ihren Unterständen hervor – nicht wenige waren bis auf die Unterwäsche nass geworden. Die Band schien das wenig zu interessieren, da man das Wetter als Musiker*in schlecht beeinflussen kann. Songs wie „Highway Pirates“ lockten aber auf Grund der schieren Power wieder diverse Fans vor die Bühne, sodass die Mannen rund um Hell Hofer zum Schluss doch noch von zahlreichen Fans bejubelt werden konnten.
Sollte man erwähnen, dass es fast 2 Stunden geregnet hat? Vielleicht, aber Varg schien das nicht im Geringsten zu interessieren, da die Götter die Sonne wieder raus ließen. Philipp „Freki“ Seiler treibt seit 2005 sein Unwesen mit der Band in der Szene des Pagan/Viking/Black Metals und kann durchaus als wegweisende Gruppe des Genres tituliert werden. Entsprechend voll (und durchnässt) war das Infield. Mittlerweile orientieren sich die Musiker*innen wieder in Richtung „Wolfzeit“ und „Schildfront“, verleihen aber mit der wundervollen Stimme von Jaqueline „Fylgja“ Seiler dem neuen Material eine imposante Klangdynamik in ihren Songs. Aber auch Gassenhauer wie „Blutaar“ oder „Wir Sind Die Wölfe“ haben nicht von ihrem Biss verloren.
Die wohl größten Pechvögel waren Rage. Die Wassermaßen konnten vom Bühnendach nicht mehr gehalten werden und genau da drunter stand was? Genau! Das Bass-Equipment von Sänger und Gründer Peter „Peavy“ Wagner. Und wann passierte das? Wieder richtig! Unmittelbar vor dem Start des Gigs. Trotz aller Bemühungen von Band, Crew und Technik, konnte der Schaden nicht mehr behoben werden. Und was macht eine/n gute/n Musiker*in aus, der/die Seit Urzeiten im Business aktiv ist? Korrekt! Er/Sie lässt sich nicht beirren. Rage ohne Bass mag zwar etwas seltsam anzusehen sein, aber dafür lieferte Peavy furios am Mikro ab. Alleine dafür verdient er maximalen Respekt!
Trockener ging es zumindest auf der Bühne für Dynazty weiter. Dargeboten wurde melodischer Hard Rock, made in Sweden. Die Stockholmer Truppe liefert seit 2007 qualitativ hochwertigste Musik auf Platte ab und weiß das auch Live eindrucksvoll umzusetzen. Höchst bewegungsfreudig zeigte sich Band und die 10000-Schritte-Marke, hatten alle Mitglieder (gut, der Schlagzeuger jetzt nicht) in den Beinen. Dieser enorme Bewegungsdrang sprang auch auf das Publikum über, welches diesen in Klatschen, Jubeln und Abfeiern kanalisierte.
Peter Tägtgren ist mit der begabteste Produzent in Sachen Metal unserer Zeit. Das gleiche Talent hat der Schwede aber auch, wenn es um seine eigene Musik geht. Es war Zeit für Pain. Mit der Hilfe einer großen Videoleinwand wurden nahezu alle Songs mit individuellen Videosequenzen untermalt. Beim Song „Call Me“ war das Antlitz von Joakim Brodén, dem Sänger von Sabaton, zu sehen und seine Stimme zu hören, damit seine Gastparts auch von ihm selber virtuell performt werden konnten. Spätestens beim Song „Shut Your Mouth“ hatte der Musiker und Produzent die HZ-Besucher*innen ganz in seinem Bann.
The Halo Effect ist ein noch recht junge Band, die allerdings mit hochkarätigen Musiker*innen bestückt ist. Am Mikro ist kein geringer als Mikael Stanne, der seines Zeichen Frontmann der Melodic Death Band Dark Tranquillity ist. Gitarrist Niclas Engelin ist Gründer der Formation Engel und seit geraumer Zeit fester Bestandteil der legendären In Flames aus Göteborg – mehr muss in Sachen Qualität der Musiker*innen nicht gesagt werden. Stilistisch angelehnt an der alten Schule des Melodic Death Metals legten die furiosen 5 richtig los. Ein Meer aus fliegenden Haaren bot sich zu „Days Of The Lost“. Das Set der Süd-Schweden endete mit „Shadowminds“, dass die Physiotherapeuten*innen wohl beim Anblick der rotierenden Nackenwirbel reihenweise in Ohnmacht gefallen wären.
Es gibt wohl nur wenige Bands aus dem Hardcore, die auf Metalfestival bis zum Exitus gefeiert werden. Hatebreed zählen zu diesem erlauchten Kreis. Die US-Amerikaner aus dem Bundesstaat Connecticut sorgten mit ihrer Energie für einen Belastungstest der Grabencrew, da eine schier endlose Welle an Crowdsurfern 60 Minuten lang von hinten nach vorne schwappte. Unermüdlich heizte Frontmann Jamey Jasta das Publikum an. Der Auftritt der US-Boys glich eher einer Sporteinheit mit Schwerpunkt auf die Ganzkörperertüchtigung. Spätestens ab ihrem Evergreen Hit „Destroy Everything“ gab es kein Halten mehr, aber auch Hits wie „Life For This“ bewiesen abermals, dass auch „einfache Klänge“ den gewünschten Effekt beim Publikum auslösen können.
Der Co-Headliner des Abends war keine geringere Band, als Hammerfall aus Schweden. Mit dem Song „Brotherhood“ legten die Skandinavier mit Frontmann Joacim Cans gleich erst mal ein stattliches Tempo vor. Im August kommt die neue Scheibe der Power Metaller auf den Markt und vor knapp einem Monat wurde das Video zum Track „The End Justifies“ veröffentlicht – selbstverständlich durfte der Song auch nicht im Set fehlen. Aber auch echte Klassiker wie „Renegade“ fanden in den 60 Minuten ihren Platz. Bei „Last Man Standing“ flogen die Haare nur so im treibenden Midtempo durch die Luft. Müdigkeit war weder auf, noch vor der Bühne zu verordnen und beim (schon fast) traditionellen Schlusstrack „Harz On Fire“ wurde der Chorus von (gefühlt) jedem Gast des RHZ mitgesungen. Eine souveräne Show, die auch jedes Lied akkurat in Szene gesetzt hat, sei es mit Licht oder Pyros, war die eines Headliners würdig.
Ohne Glanz und ähnliche Klischees, betrat der eigentliche Headliner im Anschluss die Bühne. Keine geringe Gruppe, als die legendären Ruhrpottthrasher von Kreator, sollte dem Publikum nochmal alles abverlangen. Vor allem der Tod und Gift speiende Miland „Mille“ Petrozza gab von Anfang bis Ende 666%. Mit dem Titeltrack der letzten Platte „Hate Über Alles“ gab es zur späten Stunde eine kostenlose Kieferkorrektur. Bei fast 40 Jahren Bandgeschichte können sich auch entsprechend viele Songs ansammeln. Dass da für so manchen Die-Hard-Fan der ein oder andere Track im Set gefehlt hat, ist wohl weniger verwunderlich. Es waren die wohl populärsten Songs der Band, die für einen Total-Arbiss sorgten, wie beispielsweise „Enemy Of God“. Alles in allem war der Auftritt eine Reise durch die Bandgeschichte. Und dennoch einten die alten Klassiker wie „Extrem Aggression“ und, die wohl heimliche Hymne, „Pleasure To Kill“ die Fan-Generationen. Eine wirklich hervorragende Arbeit seitens der Lichttechnik rundet das Bühnenbild perfekt ab.
Aber so langsam muss doch auch einmal der Tank leer sein, oder? Als ob. Nachdem die Nackenmuskulatur ein Extrem-Workout durchmachen musste, waren nun die Beine fällig. Ganz im Stile des Roman Autors Alexandre Dumas, gaben sich D’Artagnan die Ehre. 45 Minuten lang wurde gesprungen, getanzt, sich im Kreis gedreht und gefeiert. Mit Dudelsack und Geige, reichlich Feuer und zahllosen Crowdsurfern, wirkte es schon fast erstaunlich, dass zur nächtlichen Stunde noch so viel Energie bei den Besucher*innen abrufbereit war. Auf alle animierten die Lieder abermals dazu, sich ordentlich einen in die Rüstung zu römern.
Als Gute-Nacht-Begleitung präsentierten sich die Musiker*innen von Dominum als etwas ungeeignet, da es wesentlich härter zur Sache ging, als noch zu den Klängen von Flöte und Dudelsack. Horror Power Metal bezeichnet den Stil der Formation doch recht präzise. Sänger Dr. Dead wurde auch seinerseits nicht müde das Publikum, trotz der schon späten Stunde, zum Mitmachen zu animieren. Vor allem beim Scorpions-Cover „Rock You Like A Hurricane“ wurde ihm dieser Gefallen getan. Um 1.45 Uhr endete das Set und damit auch der 2. Tag des diesjährigen RHZ.