Rockharz Open Air 2022: So war das Festival im Harz nach Covid


Das Rockharz Open Air startete vom 6. bis 9. Juli 2022 im Harz.

Das Rockharz Open Air findet jährlich auf dem Flugplatz in Ballenstedt als Rock- und Metal-Festival statt. Doch die Corona-Pandemie sorgte auch hier für einen zweijährigen Ausfall. Vom 6. bis 9. Juli 2022 starte nun aber endlich wieder die aktuelle Ausgabe des Festivals im Harz. Tausende von Fans aus der ganzen Welt sind angereist, die sich auf eine Mischung aus bekannten und aufstrebenden Bands freuen, darunter Acts wie Powerwolf, Running Wild, Accept, Eisbrecher, In Extremo, Sepultura, Steel Panther, Suicidal Tendencies, Testament und viele viele mehr.

Das Festival wurde erstmals im Jahr 1993 in Osterode am Harz in Deutschland veranstaltet und hat sich seitdem zu einem der größten Festivals seiner Art in Deutschland entwickelt. Das Open Air bietet zwei verschiedene Bühnen, auf denen die Bands aufgeteilt werden und es gibt auch zahlreiche Verkaufsstände, Essens- und Getränkestände sowie andere Aktivitäten und Attraktionen. Das Rockharz Open Air ist bekannt für seine freundliche und einladende Atmosphäre und bietet ein einzigartiges Erlebnis für Fans von Rock- und Metal-Musik.

Rockharz Open Air 2023: mittwoch

Twilight Force

Immer wieder Schweden. Wenn man sich mit Metal auseinandersetzt, stolpert man immer wieder über Schweden, sei es nun Sabaton, Arch Enemy, Amon Amarth, In Flames oder Europe. Twilight Force reiht sich nun auch in die bunten Metal-Vögel aus Schweden ein. Die Band liefert Power-Metal mit Fantasy-Themen – also den Klassischen Drachentöter-Metal, mit Selbstironie und guter Laune wie man sie auch von den Liveauftritten von Sabaton kennt. Die Bühne wird nahezu von der ganzen Band ausgenutzt – Sänger, Bassisten und die beiden Gitarristen (mit und ohne Elfen-Ohren) haben genug Platz zum Rumrennen und Rumtanzen, was das Publikum gleich ordentlich ansteckt.

Agnostic Front

Agnostic Front, DIE Hardcore-Band überhaupt aus New York/USA, erhöht den Kult-Status  heute beim Rockharz gleich mal um das X-Fache. Ihre Mischung aus Hardcore und Punk bekommen die „alten Herren“ live einfach unglaublich hin. Wobei Kompromisse oder Spielereien eben einfach nicht ihr Ding sind. Macht aber auch nichts, wenn jeder Ton am rechten Platz ist. Und welcher Genre-Fan die Gassenhauer wie „Gotta Go“ oder „For My Family“ noch nicht kennt, bekommt sie jetzt aber volle Breitseite.

Tarja

Tarja hat bei Nightwish damals schon sehr viele Fans mit ihrer unverwechselbaren Stimme in ihren Bann gezogen. Dies hat sich seit ihrer Solokarriere rein gar nicht geändert. Als die kleine Finnin die Bühne betritt, wird einem direkt warm ums Herz. Tarja hat nach wie vor eine absolut bombastische Ausstrahlung und geizt nicht mit optischen Reizen. Mit “Demons in You” gibt es direkt voll auf die zwölf. Wer denkt es gibt jetzt nur noch brave, ruhige Nummern zu hören hat sich getäuscht – es rockt! Und das nicht zu knapp. Tarja und auch die beiden Saiten-Männer, die sie flankieren, wissen sich und ihre Musik gekonnt in Szene zu setzten. Tarjas Ansagen werden immer wieder von Jubel unterbrochen, da wundert man sich, warum es heute nicht “ausverkauft” heißt im Capitol. Zu “Diva” erscheint Tarja in neuem Outfit mit schwarzer Krone und spätestens jetzt ist jedem klar – Tarja ist und bleibt eine Diva die an ihre alten Zeiten bei Nightwish problemlos anknüpfen kann. Material von Nightwish sucht man übrigens heute vergebens im Set. Warum auch, ihre eigenen Stücke können sich absolut sehen lassen und zeigen, dass sich die Sängerin nicht unterkriegen lässt sondern auch solo sehr gut funktioniert.

In Extremo

Genau 28 Jahre bespielen die Berliner nun die Bühnen sämtlicher Rock- und Metal-Festivals, kleine und große Hallen sowie die mittelalterlichen Pilgerstätten kreuz und quer in Europa. Aber In Extremo begeistern eigentlich die ganze Welt mit ihrer Musik. Mal laut, mal leise aber auch mal akkustisch: durch den Einsatz allerhand historischer Instrumente und vor Lebensfreude strotzender Texte, offenbart sich eine fast vergessene Klangwelt. In Extremo sind heute die wichtigsten Spielmänner ihres Genres und dass sie nach wie vor Spaß auf der Bühne haben, zeigen Dr. Pymonte, die Lutter, Flex der Biegsame, Yellow Pfeiffer, Van Lange, Specki T. D. und das Letzte Einhorn beim Rockharz 2022 auf der Bühne. Das Gute an In Extremo ist: man weiß genau, was man erwarten darf und man wird nie enttäuscht, denn sie bringen das Beste aus den beiden Welten Rock und Mittelaltermusik einfach zusammen, plus Flammen und Feuerwerk.

Grave Digger

Heavy Metal war wieder dran. Auch ein gern gesehener Gast betrat die Bühne – die Klan Krieger von Grave Digger zogen in die Schlacht. Ein Set von absoluten Klassikern und potentiellen neuen Klassikern zerlegte alle Ruhe auf dem Event. Was soll man noch zu dem Gig der Kölner Jung sagen? Seit etlichen Jahrzehnten (gefühlt) gehören die Mannen um Sänger Chris „Reaper“ Boltendahl zu den festen Größen der deutschen Heavy Metal Szene. Und auch ihr weltweiter Erfolg zeigt einfach nur, dass dieses Flaggschiff noch viele Jahre weiter segeln wird. „The Clans Are March Against…“ (Dieser verfluchte Ohrwurm).

Kataklysm

Kataklysm stehen für soliden und brachialen Death Metal. So ist es nicht verwunderlich, dass es beim Auftritt der Kanadier im Sänger Maurizio vor der T-Stage recht kuschelig zugeht. Das Quartett muss das Publikum nicht anheizen, denn die Fans sind schon heiß genug, um die Mannen abzufeiern, die gewohnt routiniert ihre Songs zum Besten geben. Als Maurizio das Publikum zum Stresstest für die Grabenschlampen aufruft, gibt es kein Halten und man mag glauben, dass die Hälfte der Zuhörer dem Aufruf zum Crowdsufen gefolgt sind. Die starken Männer im Bühnengraben sind mehr als gefordert, können dieser Herausforderung jedoch standhalten und pflücken jeden Crowdsurfer sicher aus den Reihen! Jedoch haben sie sich ihre Pause nach der einstündigen Spielzeit der Kanadier redlich verdient.

Sepultura

Zur später Stunde zerlegen die Brasilianer von Sepultura, mit einem fetten Sound, die Bühne. Die Band besteht inzwischen seit 35 Jahren und kann in der Zeit auf 14 Studioalben zurückblicken. Ihr Set besteht daher aus einer bunten Mischung dieser Zeit, ohne dabei großartig an Klassikern zu sparen. Belohnt wird die Band dabei mit ordentlich Stimmung, welche bei „Roots Bloody Roots“ ihren deutlichen Höhepunkt hat.

Rockharz Open Air 2023: donnerstag

Gernotshagen

Die Mega-Neuentdeckung war für uns der nächste Act – GERNOTSHAGEN. Trotz technischen Problemen überzeugten die Trusetaler nicht nur uns auf ganzer Länge. Heute spielen die Thüringer ein solides und routiniertes Brett. Pagan-Metal mit einem ausgeprägtem schwarzmetallischem Einschlag hauen die Jungs dem geneigten Publikum um die Ohren.

Goitzsche Front

Den wohl umstrittensten Auftritt auf dem Festival haben Goitzsche Front. Deutschrock kommt in den meisten Köpfen mit einem Unterton an, der rechts sagt. Und das auf einem Festival, das mal als „Rock gegen Rechts“ gegründet wurde – es ist also fragwürdig und merkt man auch am Publikum. Es wird plötzlich leerer vor der Bühne. Auch die Stimmung will nicht ganz aufkommen.

Dark Tranquility

Wir bleiben bandtechnisch in Norden, nur wechseln wir mal rasch das Land. In einer dezent geilen Aktion wurde besagter Sänger der Band und ein großartiger Gitarrist nach Ballenstedt eingeflogen. Mehr Rockstar geht einfach nicht! Die Rede ist hier von Dark Tranquillity! Aber von dem Anreisestress merkt man der Band absolut nichts an. Das Gegenteil war eher der Fall. Mit einer unfassbaren Energie zerlegten die Schweden die Bühne und rissen das Publikum in einen Sog von Begeisterung! Der Melodic Death Metal der Süd Schweden verzückte wirklich alle Metal Fans, egal ob jung oder alt.

Powerwolf

Nun lädt Powerwolf zur Heavy-Metal-Messe. Mit viel Feuer leiten sie diese ein und bringen mit ihrem, von einer Orgel geprägtem, Power-Metal die Menge zum Kochen. Die Show ist gefühlt bis auf die letzte Bewegung durchgeplant und wirkt teilweise etwas zu sehr choreografiert, was aber auch bei einigen Besuchern gerade gut ankommt. Ist eben alles Geschmacksache. Einige Special Effects gibt es auch, so wird das Set zu „Let there be light“ von Feuerschalen erhellt oder Atlina Dorn heizt dem Publikum zu „Fire and Forget“ mit einem Feuerwerfer ein. Das Publikum feiert, als gäbe es kein morgen und bedankt sich am Ende mit tosendem Applaus bei der Band.

Asenblut

Asenblut sind alles andere als exotisch. Klassischer Pagan-Metal mit je einer Prise Thrash- und Black-Metal. Trotz des fehlenden Bassers ziehen die Jungs um den Muskelberg namens Tetzel eine energiegeladene Show ab. Beide Gitarren spielen sich in eine Raserei und schäumen geradezu vor Spielfreude. Ein Solo jagt das nächste und Fronter Tetzel tobt wie ein Derwisch über die Bühne.

Thundermother

“Alright Reload, are you ready for some Rock ‘n’ Roll?” – mit diesen Worten begrüßt uns Sängerin Guernica Mancini und bekommt dafür viel Applaus. Die Stimmung könnte nicht besser sein. Schuld daran ist auch das einzige verbliebene Gründungsmitglied und Gitarristin Filippa Nässil, die neben dem spielen auch einfach mal ein Bier leert und im Anschluss mit der leeren Flasche in der Hand weiter spielt. Erst zum Gitarrensolo danach stellt sie die Flasche wieder ab. Schon beim ersten Song legen die Ladies so heftig los, dass der Bassistin beim Bangen die Sonnenbrille von der Nase fliegt. Diese landet dann einen Song später auf der Nase von Frontfrau Guernica Mancini, die sie in der nächsten Pause wieder auf die Nase der Bassistin setzt. Zwischendurch, davor und danach gibt es “klassischen” Hardrock mit lauten Screams, fetten Riffs und einer Power, die die verschlafenen Wacken-Besucher schneller wach bekommen als Kaffee oder Energy-Drinks.

Subway To Sally

“Ich bin dein Messias, vielleicht sogar dein Gott …” Mit diesen Zeilen startenSubway to Sally ihre Liveshow. Folk mit Metal-Einflüssen oder Metal mit Folk-Einflüssen, irgendwo dazwischen liegt der Sound, den Subway to Sally seit knapp 30 Jahren von Bühne zu Bühne tragen. Neben Gitarre, Bass und Schlagzeug gibt es noch eine Drehleier, eine Violine und je nach Song, weitere exotische Instrumente wie Tin Whistle oder Bagpipes. Alle Texte, zumindest alle die beim Rockharz 2022 gesungen werden, sind auf Deutsch, viele doppeldeutig oder voller Metaphern, manche aber auch offene Kritik an der modernen Gesellschaft und seinen verwöhnten, ziellosen Bewohnern. Die Band schafft es locker, das Infield voll zu kriegen mit einer Menge, die alle Texte kennt und mitsingt, mitklatscht, mitfeiert und am Ende des Auftritts immer noch mehr will.

Knasterbart

Eine Show, bei der nochmal alles eskaliert mit dem Gossenhaufen. Bereits bei „Gossenhauer“, „Perlen Vor Die Säue“ und „Kneipenschlägerei“ steigt die Temperatur vor der Bühne schnell an und das Publikum feiert die Band ab dem ersten Song gnadenlos ab. Aber auch auf der Bühne ist der Spaß deutlich sichtbar. Die Band fliegt wie irre über die Bühne und animiert gekonnt das Publikum. Fummelfips kämpft leider immer noch mit seiner Kehlkopfentzündung und muss daher beim Gesang noch etwas kürzer treten, dafür hat sich die Band dann Onkel Klaus dazu geholt (aka Evil-Pümpel-Otten von Versengold). Spätestens bei „Ich trinke also bin ich“ verirrten sich die ersten Finnen in der Clubsauna und natürlich darf nun auch die komplexe Aufzählung der Familiengeschichte nicht fehlen – „Mein Stammbaum ist ein Kreis“ wer kennt das nicht. Es folgt ein Medley aus „Cotton Eye Joe“ und „Go Knaster“ (Ghostbusters) was die Stimmung weiter anfacht und dann wird es etwas ruhiger. Hotze wird von hinten durch das Publikum zur Bühne gerollt und performt „Heiliger Hotze“ vom Podest. Gegen diese Heiligkeit hilft dann nur noch „Brandwein für alle“ und „Laich mich ein“. Dem Publikum gefällt’s und die Band ist so motiviert, dass Fidolin inmitten von „Lieber widerlich als wieder nich“ den Song „Bratensoße“ einbaut und quasi eine kleine Songpremiere mit dieser Variation feiert.

Rockharz Open Air 2023: Freitag

Ost+Front

Mit Ost+Front betritt eine oft umstrittene Band in der schwarzen Szene die Stage. Sänger und Bandbegründer Patrick Lange alias Herrmann Ostfront empfängt das Publikum blutverschmiert und düster geschminkt. Auch der Rest der Band ist schaurig maskiert und gestylt. Ost+Front sind als brachiales Plus im Genre „Neue Deutsche Härte“ längst nicht mehr unbekannt. Zu hören gibt es einen Sound der dem von Rammstein sehr etwas ähnlich ist, macht aber doch nichts. Düster, provokant und gespickt mit allerhand schwarzem Humor sind die Songs und Texte der Berliner Band, oben drauf gibt es donnernde Gitarren. Auch sonst geht es wild zu, der nackte Hintern von Eva Edelweiß wird vermöbelt oder die Zuschauer aus der ersten Reihe mit „Blutkonserven“ betankt. Wer bis vorher noch nicht überzeugt war von Ost+Front, drängt jetzt zumindest freudig mit der Masse in Richtung Bühne.

Moonsorrow

Die allseits bekannte Band aus Finnland trat auf. Die Nordmänner sind für äußerst lange Tracks bekannt, die in ihrer Struktur auch gut und gerne mehrere Tracks an sich beinhalten. Heute demonstrierten sie, dass ihr Konzept voll und ganz aufging. Ihr melodischer und melancholischer Pagan Black Metal wurde in einem mitsingenden Chor gefeiert – was eine geile Show!

Jinjer

In den letzten Jahren erregte wohl kaum eine ukrainische Metal-Band so viel Aufmerksamkeit wie Jinjer. Zurecht, denn Sängerin Tatiana Shmaylyuk und ihre Stimme sind einzigartig. Der ständige Wechsel zwischen clean und guttural war perfektioniert und jeder Ton saß da, wo er hin soll. Das galt nicht nur für sie, sondern auch für die gesamte Band. Von Anfang bis Ende war die Stimmung voll da und der Pit wurde immer größer. Kein Wunder, bei der Energie, die Tatiana an den Tag legte. Mit diesem Auftritt zeigten Jinjer wieder einmal, wie genial sie als Live-Band funktionieren und dass sie schon jetzt zu den ganz Großen gehören.

At the Gates

At The Gates reiht sich in die Gruppe der erfolgreichen Death Metals Bands aus Schweden ein, auf Augenhöhe mit Größen wie In Flames und Children of Bodom. Bereits beim ersten Song “Blinded by Fear” hauen die Gitarren und Bässe brutal in die Saiten, die Drums werden getreten und geprügelt und Frontmann Tomas Lindberg brüllt seinen Growl ins Mikrofon als wolle er es töten. Vorbei mit nett und freundlich, At The Gates ist harte auf die Fresse Musik die das Infield zum Headbangen und Crowdsurfen antreibt als gäbe es kein Morgen. Mit “Slaughter of Soul” halten At The Gates das Tempo und den Energie-Pegel am Anschlag, der Dritte Song “Cold” hat ein kurzes, langsames Intro. Genau 11 Sekunden dauert die Ruhepause bevor es wieder mit voller Kraft voraus geht. Warum wir Bands wie At The Gates lieben – vor allem live: Bands wie At The Games spielen mit dem Publikum, in dem sie ganz viel Energie von der Bühne in die Menge Pumpen und sich vom Hype dann wieder Energie rausziehen. Die Band dreht durch, die Menge dreht durch, und die Band legt noch einen drauf, was das Publikum dann wieder toppt … ein Teufelskreis von Metal-Power nach dem am Ende alle erschöpft aber glücklich nach Luft schnappen.

Steel Panther

Glamour, Hairspray, Lipgloss, bunte Klamotten, eine freche Schnauze, eine „We Wanna Fuck“-Attitüde und bei jedem Gig mehrere Mädels aus dem Publikum, die ihre Brüste zeigen. All das verkörpern Steel Panther. Nie ist man sich sicher, ob sie sich als Parodie oder Hommage an den Glam-Rock und Hair-Metal verstehen. Aber wahrscheinlich wollen sie einfach nur Spass haben. Und so machte es unglaublich viel Freude, Frontman Micheal Sachi und Gitarrist Satchel dabei zuzusehen, wie sie sich gegenseitig dissten und erzählten wie sehr sie auf Frauen stehen. Derweil war Bassist Lexxi Foxx entweder mit seinem Spiegel beschäftigt oder warf unangebrachte Kommentare ein, worauf Michael und Satchel ihn ganz schnell zurückpfeifen musste. Es erinnerte ein wenig daran, die Stooges zu sehen, nur dass es dazu eben Glam-Rock mit schmutzigen Texten gab: Dazu irgendwann ein Mädel im Publikum das ihre Brüste offenbarte, wenig später dann ein weiteres Mädel auf der Bühne das ihre Brüste zeigte und am Ende sogar Girls die zu „Party All Day (And Fuck All Night)“ tanzten.

Running Wild

In den letzten Jahren haben wir immer wieder über Accept und Kreator geschrieben und die beiden Bands als “Urgesteine des Metal” bezeichnet. Running Wild hat diesen Titel mindestens genau so sehr verdient, sind sie doch 6 Jahre vor Kreator gegründet worden und haben ein längeres Bandbestehen als Accept, da diese ja immer mal wieder aufgelöst wurden um dann doch wieder zusammen zu spielen. Bereits Mitte der 70er gründete Frontmann Ralf “Rock’n’Roll” Kasparek Running Wild, und in den 80ern begann er das Piraten-Thema mit der Band zu leben – sowohl in Texten als auch in den Auftritten. Unvergessen die Tour wo die Band mit einem Piratenschiff als Bühnenbild unterwegs war. Ein Schiff gibt’s diesmal nicht, nur Outfits die ein wenig an Freibeuter erinnern. Dazu Powermetal der wie guter Rum über lange Jahre gereift ist und nun ein schön kombiniertes Aroma enthält aus schnellen Songs, wo die flinken Gitarren die Bass-Drum zu überholen drohen, und komplexen Arrangements aus flächigen Riffs und neckenden Licks, die sich mit klaren Akzenten zum Mit-grölen und Faust-recken abwechseln. Dass bei so viel Aktion auf den Instrumenten die Musiker selbst etwas steif auf der Bühne stehen, kann man angesichts der in Nebel getauchten Licht- und Feuershow schon mal verzeihen.

Finntroll

Finntroll stand als nächstes auf dem Programm. Troll Metal – wie der Name schon sagt – aus Finnland, mit einem gewaltigen Zuschlag an Spass. Fintroll zählt wohl mit zu den bekanntesten finnischen Metal Bands unserer Zeit. Nicht nur die zahllosen Besucher vor der Bühne waren für ihre Bekanntheit stellvertretend, auch der donnernde Chorus bei beispielsweise „Trollhamern“ war mehr als aussagekräftig. Eine dreiviertel Stunde zelebrierten die Finnen ihr Ohrwurm-Set dem Publikum – was ein Spass!

ASP

Der Altmeister ASP bittet zum Stelldichein. Dank der langjährigen Schaffensgeschichte kann ASP auf ein großes Repertoire zurückgreifen und treibt gekonnt sein perfekt ausgewähltes Liveset voran. Die kompletten Besucher feiert ausgelassen und genießt die letzten Atemzüge des ersten Festivaltages. Und was wäre eine ASP- Show ohne Feuer? „Ihr schönen Menschen. Es ist klasse, dass ihr alle hier seid“ begrüßt ASP die Fans. In schwarz und rot getauchten Farben schwelgen die Zuschauer zu der kraftvollen Stimme von ASP. Gänsehaut-Feeling vermischt sich mit romantischer Stimmung, als das ganze Field die Feuerzeuge und Handytaschenlampen anstellt. Man könnte meinen, ASP sind es nach all den Jahren langsam überdrüssig, aber weder Alexander Spreng, noch die Fans wollen es am Ende missen: „Ich will brennen“. Eine Art Glaubensbekenntnis für ASP, denn für sie entflammen ein weiteres Mal die Stimmen und Körper der schwarzen Seelen. Wieder einmal routiniert eine super gute Show abgeliefert.

Rockharz Open Air 2023: SAMSTAG

Tankard

ock auf Bier und Whiskey? Spätestens nach Tankard war das Bedürfnis, die Bierstände leer zu trinken gigantisch hoch. Ein Urgestein aus Frankfurt, eine Laudatio auf den Gerstensaft – Thrash Metal der alten Schule der Spass macht. Nicht umsonst wurde die Bier-Metal Band von nicht wenigen Besuchern bestaunt und gefeiert. Frontmann „Gerre“ huldigte das engagierte Publikum nach jedem Song ausgiebig. Jahrelange Fanarbeit macht sich eben dann doch bemerkbar.

Insomnium

Aus Finnland kommen, wie allen bekannt sein sollte, wirklich absolut geniale Bands. Ohne Abzüge zählt Insomnium mit dazu. Seit den späten 90er Jahren ist das melancholische Melodic Death Metal Band einer der wohl bekanntesten Exporte aus Nord Europa, beziehungsweise aus Finnland. Ihr Können zeigten die Musiker nicht nur, was das Beherrschen der jeweiligen Instrumente angeht, sondern auch in ihrer Bühnenpräsenz sprach für sich. Teilweise genoss das Publikum mit geschlossenen Augen die enorme Atmosphäre der Finnen und wer konnte es ihnen übel nehmen? Mit stillschweigender Begeisterung wurde die Musik zelebriert.

Knorkator

Knorkator war fast jedem ein Begriff und so hatte es die Berliner Band auch verdient, diesen zeitlich perfekten Slot zu spielen. Sehr zur Freude der Fans, denn diese ließen nochmal richtig die Sau raus. Ganz in Weiß trat die Trödeltruppe Knorkator auf, bis auf Frontmann Stumpen – mit bürgerlichen Namen Gero Ivers, der in einem Gewand erschien. Doch bei diesen Temperaturen hielt es auch der Schlüpfer-Träger nicht lange aus, also fiel förmlich in jedem Song ein Kleidungsstück, bis der gewohnte Alltags-Badeanzug zum Schlüpfer wurde. Diese Truppe war der Inbegriff der Antithetik. Die Gegensätze der Band häuften sich: halb tätowierte Körper, über Samurai-Zöpfe auf einer Glatze, bis hinzu Klobürsten statt Drumsticks. Die Setliste war vollgepackt mit eigenen Hits und selbst interpretierten Coversongs. Unterm Strich wieder ein sehr guter Auftritt von Knorkator, den man lieben oder hassen konnte.

Accept

Um es vorweg zu nehmen: Ja, am Ende haben sie “Balls to the Walls” gespielt. Der Hit von 1983 ist mittlerweile bei jedem Konzert von Accept der heiß erwartete Abschluss. Und jedes mal singen alle laut mit. Seit damals stehen Frontmann Mark Torillo mit den kreisrunden Sonnenbrillen-Gläsern und der Gitarrist Wolf Hoffmann mit seinem kahlen Schädel und der Schwarzen Flying V auf der Bühne und performen kraftvollen Heavy Metal. Aber Accept beim Rockharz erleben war was anderes. Im zweiten Drittel des Auftritts durfte Wolf Hoffmann eine Fähigkeiten als Solist zusammen mit dem Tschechischen Symphonie Orchester unter beweis stellen und coverte eindrucksvoll Beethoven, Mozart, Tchaikowski und Vivaldi.

Unleashed

Die schwedischen Todesmetaller von Unleashed gaben sich mal wieder die Ehre, das Rockharz in Schutt und Asche zu zerlegen. Und es folgten auch unzählige dem Ruf des Hammer Bataillons. Im Wesentlichen weiß man einfach, was man von den Stockholmern zu erwarten hat. Und so rockte das Quartett in einer beispiellosen Perfektion ihr Set herunter, dass man ihnen die Routine anmerkte. Nichts desto trotz feierten ihre zahllosen Fans jeden einzelnen Song so, als würden sie diese zu ersten Mal überhaupt hören.

Eisbrecher

Bei den ersten Tönen flogen die Arme gen Himmel und es ertönte ein kollektives „Hey, hey, hey“. Alexander Wesselsky stimmte „Verrückt“ an. „Willkommen, schön das ihr da seid, schön dass wir noch leben“ wurden die Besucher anschließend begrüßt. Nach den ersten Songs verließ die Band kurzzeitig die Bühne und kehrte mit Mänteln und Pelzmützen zurück. Da war schnell klar, nach zwei Tagen ununterbrochenem Sonnenschein brach nun unerwartet die „Eiszeit“ an, inklusive Schneefall. Mit Fortschreiten des Konzerts stieg bei den Fans die Stimmung und beim Frontmann die Temperatur. Hatte er sich schon frühzeitig vom Frack befreit, musste die Krawatte auch irgendwann weg. Das weckte sofort Begehrlichkeiten und Alex ließ sich gern überreden das gute Stück herzugeben. Und wo er schon mal beim Publikum war, nutzte er bei „Prototyp“ die Gelegenheit einige Hände zu schütteln. Nach einer guten Stunde Show gönnten Eisbrecher der tobenden Masse noch zwei Zugaben und beschlossen ihr Set mit dem Falco-Cover „Out of the dark“. Aus den Boxen erklang Freddy Quinn „Junge, komm bald wieder“.

Eluveitie

Schöne Tage vergehen wie im Flug und so neigt sich das erste „Post-Pandemie“-Rockharz Open Air nun wirklich dem Ende zu, was aber nicht heißt, dass nichts mehr los war. Das Finale startet mit der Big Band des Folk Metal – die Rede konnte nur von Eluveitie sein (vom wem auch sonst?). Das Set der Schweizer prügelt vor allem so richtig nach Vorne los. Ohne viel Umschweife demonstrierten die Folk Metaller, dass nicht nur Drehleier und traditionelle Seiteninstrumente zu ihrem Genre gehören, sondern auch brachiale Death Metal Power! Es vergeht kein Moment, wo nicht zumindest eine Person auf Händen durchs Publikum getragen wird. Alternativ wird sich im Circle Pit die Beine vertreten. Zum Ende gibt es den ewigen Klassiker “Inis Mona”, zu welchem alles nochmal richtig eskaliert.