Rockharz Open Air 2019: Freitag und Samstag


Vom 3. bis 6. Juli fand das Rockharz Open Air 2019 wieder in Ballenstedt imHarz statt.

Bereits zwei Tage mit bester Laune, allerbesten Metalklängen und -Bands aber vor allem guten Freunden waren am Festivalfreitag vom Rockharz 2019 nun vorüber. Aber das hieß, es lagen auch noch zwei weitere, hervorragende in Aussicht.

Rockharz Open Air 2019: Freitag

Zum Auftakt des Tages gaben sich Elvellon die Ehre. Stimmgewaltig brachte Frontfrau Nele Messerschmidt die müden Geister wieder zum Kochen und von null auf hundert. Vor der Bühne sammelte sich nach und nach das Feiervolk um wieder Gas zu geben. Es dauerte nicht lange und schon hörte man einen Chor aus Stimmen. Die Symphonic Metaller aus Deutschland sorgten für einen gelungenen Start in den Tag. Ziegenmasken und ein druckvolles Grölen weckte noch die restlichen Schlafmützen. Mit vollem Sound voraus fingen Milking The Goatmachine mit einer Überdosis aus Grindcore gemischt mit Death-Metal los. Besonders die Zwischenspiele sorgten für ausgelassene Heiterkeit! Nailed To Obscurity waren in den letzten Jahren in Sachen Bekanntheit mächtig gewachsen. Die Truppe aus dem Friesland sorgte mit ihrem Doom Detah Metal zwar für eine kurzweilige Beruhigung, zumindest in Sachen Tempo, gefeiert wurde die Kapelle trotzdem. Auch ohne Blödeleien kann eine Band überzeugen.

Mit imposanten Kostümen betraten Warkings die Bühnen. Ein Spartiat, ein Templer und zwei Ringgeister – nicht nur optisch war es mal was Neues. Die Show überzeugte die Partygäste und machte Lust auf mehr. Der True Power Heavy Metal wurde aufs Feinste dargeboten und sorgte für beste Stimmung.

Elvenking. Was erwartete man? Herr der Ringe auf Testosteron? Welches Produkt würde präsentiert werden? Energiegeladener Hard Rock mit diversen Einschlägen aus True und Heavy Metal. Die Italiener aus Sacile, die es bereits seit 1997 gibt, spielten sauber und ohne Fehl ihr Set durch.

Und es folgte Whiskey. Viel davon. Aber bei dem Namen konnte man auch nichts anderes erwarten. Mr. Irish Bastard, mit acht Musikern auf der Bühne vertreten, stimmte mit Folk und klassisch-irischen Tonfolgen ein gewaltiges Trinkgelage an. Mit Tanz und guter Laune wurde das Publikum angeheizt und zum Crowdsurfen animiert. Kein Fuß blieb hier auf dem Boden. Flexibilität ist alles. Egal, in welchen Lebensbereichen. Und so kam es, dass Omnium Gatherum etwas früher spielen mussten. Auf Grund von logistischen Problemen mussten die Finnen mit The Night Flight Orchester ihren Slot tauschen. Zum Glücke sorgte Mutz, der Stage Manager vom Rockharz, mit seiner Ansage für Entwirrung.

Und was nun? The Night Flight Orchester. In Rosa gekleidete Background-Sängerinnen und ein Aufgebot an Musikern, die tatsächlich in ähnlicher Besetzung (mehr oder weniger) später nochmal spielen werden. Aber tatsächlich war der Schwank der 70er Jahre, also das was musikalisch produziert wurde, eine geniale Abwechslung und eine Hommage an die Gründerväter der gestählten Musik.

Publikums-Animation auf dem Höhepunkt erlebte man bei Kissin‘ Dynamite. Mit klaren und stimmigen Riffs kreierten die Hard Rocker einen energetischen Sound. 2018 wurde die Truppe als „Beste Deutsche Band“ ausgezeichnet und erfuhr auch einen gewaltigen Hype von etablierten Kräften. Ihr Gassenhauer „You’re Not Alone“ wurde neben anderen Songs textsicher von tausenden Fans rezitiert – also im Suffkopp mit gedonnert.

Einen gewaltigen Einschlag in Sachen Hardcore tätigten Caliban, weg vom klassischen Rock’n’Roll wurde nun der Fokus auf reine Aggression gelegt. Hasserfüllte Beatdowns wechselten sich mit ohrgängigen Gitarrenparts ab. Die Essener ließen die Bühne beben und überrollten regelrechtes das Infield mit ihrer Brutalität.

Soilwork zählten zu den Mitbegründern einer ganz eigenen Sparte. Und jetzt legten die Süd-Schweden richtig los. Obwohl ein Teil der Band bei The Night Flight Orchester auf der Bühne stand, war es musikalisch eine vollkommen andere Richtung. Wenn es Bands gibt die Melodic Death Metal als Gütesigel tragen dürfen, zählten die partygeilen Schweden dazu. Diesmal komplett ohne Rückenprobleme sorgte Sänger Björn Strid für eine mehr als nur gelungene Animation des Publikums.

Aus Großbritannien kam nicht nur die Eiserne Jungfrau und klassischer Heavy Metal. Die Londoner von Dragonforce könnte man für musikalische Perfektion nennen. Riffs, die selbst etablierte Musiker als schwer bezeichnen, wurden von Hermann Li und Co. vollkommen mühelos abgespielt. Spaß in der Band und Harmonie waren deutlich zu erkennen und sorgten für noch größere Begeisterung im Publikum. Eben alles, was man von Power und Heavy Metal erwartet, wurde hier kanalisiert wieder gegeben.

Peter Tägtgren ist nicht nur einer der besten Metal-Produzenten in Europa, er ist begnadeter Sänger und Gitarrist. Selbstverständlich musste man Hypocrisy nicht groß vorstellen – die schwedische Formation erlangte weltweit Bekanntheit und ihre Auftritte waren legendär. Tatsächlich war es mittlerweile ein regelrechtes Privileg die Truppe live zu erleben, da ihre Konzerte von einer gewissen Seltenheit zeugten. Nicht nur deswegen waren die Massen mehr als begeistert an diesem Abend.

Saltatio Mortis. Was soll man zu dieser Ausnahme Band groß sagen? Das Publikum wurde wie immer mitgerissen und feierte die deutsche Mittelalter Rockband ohne Wenn und Aber. Tatsächlich waren die sympathischen Musiker der heimliche Headliner. Bis weit hinter dem FOH standen die Menschen und gingen auf die Animationen des quirligen Zerberus am Mikrophon ein. Und so flogen nicht nur Haare, sondern auch T-Shirts. Egal ob Männlein oder Weiblein – es wurde blank gezogen und nur noch gefeiert. Alea ritt sogar auf den Schultern eines Fans durch die Menge! Sie brachten uns Feuer und das im wahrsten Sinne des Wortes.

Ein ganz besonderes Erlebnis war der folgende Auftritt. Die Schwarzmetall-Fürsten von Dimmu Borgir spielten und lieferten ab! Aber tatsächlich nichts anderes hat man von einer solchen Legende zu erwarten. Seit den 90er Jahren sind die Mannen um Shargat einer der angesagtesten Acts der Black Metal-Kultur. Das Set war gespickt mit Klassikern wie „Kings Of The Cornwall Creation“ oder auch „Puritanier“ wurde den tausenden Zuschauern präsentiert, aber auch einer ihrer Kulthits „Mourning Palace“ durfte nicht fehlen. Alles in Allem hat hier nichts gefehlt. Einen würdigeren Headliner konnte es nicht geben.

Man erlebte eine völlig positive Eskalation bei Russkaja. Das Publikum blieb nicht still bei bekannten Liedern wie „Terror-Traktor“ – trotz der späten Stunde tanzten unzählige Menschen und man lag sich in den Armen. Die Stimmung war ab der ersten Sekunde am kochen. Auch die Animationen der Bigband wurde eins zu eins umgesetzt. Von Umarmung bis hinsetzen war alles dabei. Es war wirklich ein schönes Erlebnis, dass eine Ska Band so dermaßen auf einem Metal Festival abgefeiert wurde. Heidevolk übernahm die Aufgabe des Rauswerfers. Obwohl doch die Müdigkeit bei den meisten Besuchern  langsam aber sicher die Überhand gewann, fanden sich doch diverse Fans vor der Bühne ein. Die hartgesottenen Fans des Pagan Metals ließen es sich nicht nehmen die Niederländer anzufeuern.

Rockharz Open Air 2020: Tickets + Infos

Rockharz Open Air 2019: samstag

Man war hingerissen zwischen körperlicher, wohlwollender Erschöpfung und Schwermut, der allerletzte Festivaltag der diesjährigen Metalfestival-Ausgabe im Harz stand an. Dieser wurde mit einer Kapelle eröffnet, die das erste Mal am Fuße der Teufelsmauer gespielt haben. Die Schweden Follow The Cipher legten mit melodischem Heavy Metal los. Mit feuerroten Haaren glänzte die Frontfrau nicht nur mit einer beindruckenden Stimme.

Eine gehörige Portion an Melancholie und Weltenschmerz und ein Britney Spears-Cover brachte ausgelassene Heiterkeit, da Hell Boulevard trotz der düsteren Texte ein großes Maß an Heiterkeit beisteuerten – das Cover sprach für sich. Es wurde nochmals melodischer. Visions Of Atlantis überzeugten das Publikum in Sachen Qualität und Dynamik. Musikalisch stark an eine gewisse Band aus Finnland angelehnt – Nemo und Wishmaster hat die gesuchte Band geschrieben – war vor allem die Sängerin der österreichischen Formation eine großartige Animatorin.

Die fränkischen Bayern von Freedom Call drückten das Gas- und Gute-Laune-Pedal bis zum Anschlag durch. Besonders war die Ansage, dass Metal weder Geschlecht noch Herkunft kennt. Eine schönere Aussage kann man nicht tätigen. Besonders Metal Is For Everyone untermalte die Position der kernsympathischen Band am besten.

Frauenformationen haben es im Metal, da das Genre dezent von Männern dominiert wird, immer etwas schwer. Das heißt aber nicht, dass Bands wie Burning Witches in Sache Qualität sich etwas zu Schulden kommen lassen. Im Stil von Warlock und Doro donnerten die Damen aus der Schweiz energiegeladenen Heavy Metal dem Infield um die Ohren.

Pures Testosteron und ganz viel Stahl, penetrante Melodien und absolute Männlichkeit. Diese Eigenschaften sind das Fundament von Grand Magus. Die Stockholmer Formation ist der Inbegriff des europäischen Heavy Metals. Alleine das epische Backdrop mit einem gewaltigen Adler, welcher ein Schwert in den Fängen trägt während er fliegt – mehr Männlichkeit findet man höchstens in Conan Filmen.

Dass aus Kanada nicht nur mit die besten Eishockey Spieler der Welt kommen, weiß man nicht erst seit Gretzky. Aus dem Land der Lachse und Bären kommt auch eine der ältesten Heavy Metal Bands. Die Rede kann nur von Anvil sein. Trotz der Tatsache, dass die Gruppe seit mehr als 30 Jahren im Geschäft ist haben sie nichts bezüglich ihrer Motivation und Leistung eingebüßt. Furios trat das Trio dem Publikum in den Allerwertesten.

Es folgte klassischer Hard Rock, der nicht klassisch ist. Was heißt das? Dass es sich eben nicht um eine billige AC/DC Coverband handelt, sondern um innovativen, individuellen Rock’n’Roll. Hardline demonstrierten eindrucksvoll, dass diese Musik einfach unsterblich ist. Joe Cocker wäre stolz auf die stimmliche Leistung des Sängers. Hervorzuheben ist die Dynamik zwischen der Bassistin und dem Rhythmus Gitarristen.

Die skandinavische Präsenz auf dem diesjährigen Rockharz nahm kein Abbruch. Selbst der Bekanntheitsgrad nahm nicht ab! Grave, die heimlichen Superstars der schwedischen Melodic Death Metal Szene, ergötzten das Publikum mit Klassikern. Es war tatsächlich ein wahres Fest für alle Fans der harten schwedischen Schule. Die perfekte Fusion aus bekannten Göteborgern Bands ließ kein Haupthaar ungeschüttelt.

Das Rockharz steht seit seiner Gründung für gelebte Vielfalt. Egal ob Hardcore, Punk Rock – jedes Genre mit Stromgitarren hat hier seinen Platz. Deutsch Rock übrigens auch! Kärbholz ist nicht nur einer der populärsten Bands des Selbigen Genres, sie begeistern auch traditionelle Metalheads. Das sah man vor allem bei dem tanzenden Infeeld. Die Ruppichterothler boten eine gekonnte Mischung aus drückenden Punk Riffs und metallischen Melodien.

Und nun wurde wirklich jede Kauleiste zertrümmert. Tempogeladener Death Metal mit viel Thrash und Menschenhass sorgte dafür, das Gift und Galle gespuckt wurde und das nicht nur auf der Bühne. Pure Aggression in den Gesichtern der zahllosen Fans und Gesinnungsgenossen des Todesmetalls trieb den Staub auf dem Infeeld in die Höhe. Die Niederländer von Legion Of The Damned beherrschen ihr Handwerk. Was ein Abriss!

Mono Inc. – die Dark-Rock Band aus Hamburg, schmettern harte Sounds mit dunkler Stimme ins Infeeld. Textsicher sang das Publikum mit, feiert Martin Engler und seine Band in vollen Zügen. Das Quartett aus Nord-Deutschland zählt zu den größten ihres Genres und füllt stattliche Hallen. Nicht verwunderlich war es, dass es beim Rockharz 2019 auch nicht anders aussah. Abertausende Menschen feierten die Düsterrocker.

Weiter ging es mit der Symphonic Metal von Epica. Der Regen der nach dem dritten Lied begann, verscheuchte das Publikum nicht sondern sorgte für noch mehr melancholische Stimmung. Die engelsgleiche Stimme der Frontfrau Simone Simons erklang in wohlbekannter Stärke und wurde untermalt vom taktvollen Gitarren-Sound.  Nicht nur klanglich, sondern auch optisch gab es was zu erleben. Frau Simons kleidete sich äußerst ansehnlich.

So langsam neigte sich das Rockharz dem Ende entgegen. Die Rolle des Co-Headliners nahm ein gern gesehener Gast auf dem RHZ ein. Die Finnen von Korpiklaani, die so ziemlich größte Folk Metal Bands Europas, luden nochmal zum Tanz. Selbst das Weglassen ein paar echter Klassiker viel nicht weiter auf. Sowas spricht selbstverständlich für die Qualitäten einer erfolgreichen Band. Es gehüpft, es wurde getanzt und nochmal ordentlich gefeiert.

Es blieb ein letztes Mal finnisch. Der Headliner am letzten Tag des diesjährigen Rockharz war kein geringerer als Children Of Bodom aus Espoo. Seit Anfang der 90er Jahre sind sie die größte Formation gegen die schwedische Domination innerhalb des Genres. Ohne große Schwierigkeiten lieferten die Nord Europäer rund um den charismatischen Sänger Alexi Laiho eine gewohnt qualitativ hochwertige Show ab. Das Live-Erlebnis stand ganz im Zeichen des jüngst veröffentlichen Werk Hexed, dass im März über Nuclear Blast auf den Markt geworfen wurde.

Tatsächlich ist es immer schwer gegen solche Größen noch etwas gegen zu stellen. Und statt Metal präsentierten The O’Reillys & The Paddyhats eine spaßbringende Mischung aus traditionellen Irish Folk und Punk Rock. Die Festivalgänger gaben nochmal alles und unterstützen zur späten Stunde die Gevelsberger Formation kräftig. Und ganz zum Schluss, schon einige Besucher waren bereits auf dem Heimweg, legten die Schweden von Apocalypse Orcherstra los. Die junge Formation stand den etablierten Gruppen, die davor gespielt hatten, im nichts nach. Professionell und energetisch verabschiedeten sich die Schweden und beendeten das Rockharz 2019. Ein gelungener Abschluss.

Notiz am Rande: Das Rockharz Open Air 2019 zeigte abermals, dass es zu den beliebtesten und abwechslungsreichsten Metal-Festivals gehört, die es hierzulande gibt. Trotz der Tatsache, dass das Festival seit 2009 von Jahr zu Jahr größer wurde, wirkte es auch dieses Mal nicht überlaufen. Dies war nur möglich, weil sich auch der Background des Festivals an die Vergrößerung anpasste. Auch die Qualität der Bands ließ nichts zu wünschen übrig. Und auch wenn bereits einige Bands schon einmal (oder auch schon öfters) auf dem Rockharz gespielt hatten, war die Auswahl der neuen Acts durchaus ansehnlich. Alleine Dimmu Borgir waren eine dezent große Bereicherung in der Rockharz Open Air-Geschichte.

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