Rock am Ring 2025 am Sonntag: Jubiläumsmodus auf Hochturen


Rock am Ring 2025 am Sonntag: Jubiläumsmodus auf Hochturen
Der Abschied vom großen Jubiläum: Rock am Ring 2025 am Sonntag feiert noch einmal die 40. (Bild: Julia Langmaack)

Der dritte Festivaltag am Nürburgring hätte leicht zum Durchhänger werden können – Staub in der Lunge, drei Tage Dosenravioli und ein Schlafdefizit, das selbst ein Energy-Drink nicht mehr weglächelt. Aber nicht bei diesem Jubiläum. Nicht bei 40 Jahren Rock am Ring. Statt Festivalmüdigkeit gibt es am Sonntag nochmal ein Line-up, das klarmacht: Der Ring hört nicht leise auf – er geht mit Nachdruck in die Verlängerung. Und auch das Wetter hält sich an sommerliche Regeln – oder wenn schon mit kühleren Temperaturen zumindest ohne Regen.

Korn liefern den nötigen Tritt in den Magen – Nu-Metal in Reinform, roh und druckvoll. Wer denkt, man hätte “Freak on a Leash” schon zu oft gehört, wird hier eines Besseren belehrt. Powerwolf wiederum zelebrieren ihre Gothic-Power-Metal-Messe mit Weihrauch, Orgel und Pyro – irgendwo zwischen Oper und Höllenritt. The Ghost Inside schieben emotionalen Hardcore mit Herz und Wucht auf die Bühne, Falling in Reverse tanzen gewohnt selbstbewusst zwischen Rap, Metal und Popkulturreferenz – und Sleep Token verwandeln die Nacht schließlich in ein düsteres Ritual zwischen Post-Rock, R’n’B und Metalgewittern. Wer bis dahin noch stehen kann, wird spätestens hier weggebeamt. Der Sonntag ist keine Abschiedsveranstaltung – er ist ein letzter, epischer Akt. Und Rock am Ring? Feiert 40 Jahre, als hätte es gerade erst angefangen. Im nächsten Jahr geht die wilde Reise natürlich weiter, der Termin steht bereits für den 5. bis 7. Juni 2026 und Tickets gibt es ab Dienstag, den 12. Juni 2025.

Dead Poet Society

Dead Poet Society setzen gleich zu unserem Tagesstart ein Statement – roh, hypnotisch und herrlich unkonventionell. Die Band um Sänger und Gitarrist Jack Underkofler, begleitet von Jack Collins (Gitarre), Will Goodroad (Drums) und Dylan Brenner (Bass), überzeugt mit ihrem genreübergreifenden Sound aus Alternative Rock, Blues, Grunge und einer Prise Kunsthochschul-Attitüde. Mit Songs wie „.CoDA.“, „intoodeep“ und neuen Tracks vom aktuellen Album „Fission“ zeigen sie, dass man auch ohne klassische Gitarrenriffs und mit offenen Stimmbändern eine riesige Bühne dominieren kann. Ihr Liveset ist eine intensive Mischung aus musikalischer Präzision und emotionalem Drahtseilakt – rau, kantig und doch eingängig. Wer eine Band sucht, die sich nicht in Schubladen stecken lässt und trotzdem jede Menge Ohrwurmqualitäten mitbringt, wird hier definitiv fündig.

Polaris

Polaris fackeln nicht lange und zeigen gleich, warum sie zu den spannendsten Metalcore-Acts der Gegenwart zählen. Mit einer energiegeladenen Performance präsentieren Jamie Hails (Vocals), Rick Schneider (Gitarre), Jake Steinhauser (Bass/Vocals) und Daniel Furnari (Drums) eine Mischung aus brachialen Breakdowns und melodischen Hooks, die das Publikum begeistert. Besonders emotional ist der Auftritt, da es der erste Festival-Sommer ohne ihren verstorbenen Gitarristen Ryan Siew war; seine Parts werden von Jesse Crofts übernommen. Das aktuelle Album Fatalism, das posthum mit Siews Beiträgen veröffentlicht wurde, erreichte Platz 1 der australischen Charts und enthält Highlights wie „Nightmare“ und „Inhumane“ . Polaris kombinieren technische Raffinesse mit emotionaler Tiefe und schaffen so eine einzigartige Live-Erfahrung. Wer sie verpasst hat, sollte die nächste Gelegenheit nutzen – diese Band ist auf dem besten Weg, die großen Bühnen dauerhaft zu erobern.

The Warning

The Warning powern ein mitreißendes Rock-Statement ab, das zeigt, wie viel Power in einem Trio stecken kann. Die drei Schwestern aus Mexiko – Dany (Gitarre, Gesang), Pau (Drums, Gesang) und Ale Villarreal (Bass) – überzeugen mit tightem Zusammenspiel, rauem Sound und einer beeindruckenden Bühnenpräsenz. Mit Songs wie „CHOKE“, „MONEY“ und neuen Tracks vom aktuellen Album „Keep Me Fed“ beweisen sie, dass moderner Rock auch ohne Klischees funktioniert. Ihr Mix aus Alternative, Hard Rock und Grunge-Elementen wirkt frisch, authentisch und doch druckvoll genug, um die große Festivalbühne zu füllen. Das Konzert ist nicht nur ein musikalisches Highlight, sondern auch ein Zeichen dafür, dass die nächste Rockgeneration längst angekommen ist – und verdammt gut klingt.

Jerry CAntrell

Jerry Cantrell kann nicht nur mit seiner Grunge-Band Alice in Chains, sondern auch solo ein Publikum magnetisch anziehen. Mit einer Setlist, die sowohl Klassiker von Alice in Chains als auch Songs seines aktuellen Albums I Want Blood umfasst, begeistert er die Fans. Seine charakteristischen düsteren Riffs und melancholischen Melodien, wie in „Vilified“ und „Afterglow“, zeigen, dass er nichts von seiner kreativen Kraft eingebüßt hat. Beeindruckend ist die emotionale Tiefe seiner Performance, die das Publikum spürbar bewegt. Mit I Want Blood, seinem vierten Soloalbum, das am 18. Oktober 2024 erschienen ist, kehrt Cantrell zu seinen Wurzeln im Alternative Metal zurück und liefert gleichzeitig neue Impulse. Sein Auftritt ist ein Highlight des Festivals und unterstreicht seine Bedeutung als Solokünstler in der Rockszene. Für Fans von grungigem Gitarrenrock ist diese Show ein absolutes Muss.

Idles

Die Idles beweisen einmal mehr, dass Wut, Haltung und Schweiß eine verdammt gute Mischung für ein unvergessliches Live-Erlebnis sind. Die britische Post-Punk-Dampfwalze um Frontmann Joe Talbot brüllt sich mit Songs wie „Never Fight a Man With a Perm“, „Danny Nedelko“ und neuem Material vom aktuellen Album „TANGK“ kompromisslos in die Gehörgänge des Publikums. Angetrieben von der unbändigen Energie von Mark Bowen (Gitarre), Lee Kiernan (Gitarre), Adam Devonshire (Bass) und Jon Beavis (Drums) verwandeln sie die Bühne in ein anarchisches Kraftfeld – irgendwo zwischen politischer Predigt und Punkrock-Pogo. Die Musik der Idles ist laut, wütend, kathartisch – aber immer auch von einer tiefen Menschlichkeit durchzogen, die live besonders greifbar wird. Talbot predigt gegen Gleichgültigkeit, für Mitgefühl und zerlegt dabei fast das Mikro – ein Akt der Selbstentladung, der unter die Haut geht. Wer denkt, dass Haltung in der Rockmusik passé ist, wird hier eines Besseren belehrt: Idles sind laut, unbequem – und genau das macht sie so wichtig.

Jinjer

Jinjer zeigen eindrucksvoll, warum sie zu den innovativsten Kräften im modernen Metal zählen – technisch brillant, stilistisch vielseitig und mit einer Frontfrau, die Bühnen im Sturm erobert. Tatiana Shmayluk schaltet stimmlich wie gewohnt mühelos zwischen glasklarem Gesang und tiefen Growls, während Roman Ibramkhalilov (Gitarre), Eugene Abdukhanov (Bass) und Vladislav Ulasevich (Drums) ein rhythmisches Gewitter entfesseln, das irgendwo zwischen Djent, Groove Metal und Prog angesiedelt ist. Mit Klassikern wie „Pisces“, „Vortex“ und neuen Tracks vom aktuellen Album „Wallflowers Deluxe“ ziehen sie das Publikum in ihren Bann. Besonders live wird spürbar, wie fein austariert Jinjer ihre Aggression mit Atmosphäre verbinden – mal brachial, mal fast jazzig, aber immer auf den Punkt. Die Ukraine-Flagge auf der Bühne ist nicht nur Statement, sondern Ausdruck einer Band, die Haltung und künstlerische Vision eindrucksvoll vereint. Wer bei diesem Auftritt nicht zumindest kurz den Nacken strapaziert, ist definitiv auf dem falschen Festival.

Beatsteaks

Die Beatsteaks sorgen für ein mitreißendes Heimspiel der Extraklasse – voller Energie, Charme und treibender Punkrock-Hymnen. Mit ihrer unverwechselbaren Mischung aus Alternative Rock, Punk, Pop und einer ordentlichen Portion Berliner Schnauze bringen sie die Menge zum Tanzen, Pogen und Mitsingen. Arnim Teutoburg-Weiß (Gesang), Bernd Kurtzke und Peter Baumann (Gitarren), Thomas Götz (Drums) und Torsten Scholz (Bass) zeigen sich gewohnt spielfreudig und nahbar – ein Kollektiv, das live einfach immer zündet. Klassiker wie „Hand in Hand“, „Let Me In“ und „I Don’t Care As Long As You Sing“ dürfen ebenso wenig fehlen wie Songs vom aktuellen Album „Please„, das 2025 erschienen ist  und mit seinem Sound zwischen Reife und Rotz punktet. Besonders ist die Show nicht nur wegen der Musik, sondern auch wegen der spürbaren Verbindung zwischen Band und Fans – hier trifft echte Leidenschaft auf generationsübergreifende Festival-Euphorie. Die Beatsteaks beweisen einmal mehr: Sie gehören auf große Bühnen, weil sie sie wie kaum eine andere Band in Deutschland mit Leben füllen.

The Ghost Inside

The Ghost Inside liefern emotional aufgeladenes Metalcore-Brett ab, das gleichermaßen Wucht und Hoffnung ausstrahlte. Die Band um Frontmann Jonathan Vigil, bestehend aus Zach Johnson (Gitarre), Chris Davis (Gitarre), Jim Riley (Bass) und Andrew Tkaczyk (Drums), zeigte eindrucksvoll, warum sie seit Jahren zu den eindrucksvollsten Comeback-Stories der Szene zählen. Mit Songs wie „Engine 45“, „Avalanche“ und neuen Tracks vom aktuellen Album „Searching for Solace“ verwandelten sie die Bühne in ein Ventil für kollektive Katharsis. Ihr Mix aus harten Breakdowns, melodischen Hooks und aufrichtigen Texten über Schmerz, Heilung und Stärke schlug beim Publikum direkt ins Herz. Besonders berührend war der Moment, als Vigil inne hielt, um den Support seit dem schweren Busunfall 2015 zu würdigen – Gänsehaut pur. Dieses Konzert war mehr als nur ein Abriss: Es war ein Triumph über Widrigkeiten und eine Erinnerung daran, wie kraftvoll Musik sein kann.

Falling in Reverse

Falling in Reverse reissen die Bühne mit einer Mischung aus Größenwahn, Genre-Bending und gnadenloser Bühnenenergie ab. Frontmann Ronnie Radke präsentiert sich einmal mehr als schillernder Antiheld des Modern Rock, während die Band – bestehend aus Christian Thompson (Gitarre), Tyler Burgess (Bass), Max Georgiev (Gitarre) und Luke Holland (Drums) – musikalisch zwischen Metalcore, Rap, Pop-Punk und Stadionrock jongliert. Mit Hits wie „Popular Monster“, „Voices in My Head“ und der neuen Single „Ronnie’s Revenge“ vom aktuellen Album „Neon Necropolis“ liefern sie eine Show, die so exzentrisch wie durchchoreografiert ist. Radkes Bühnenpräsenz, gepaart mit Pyroeffekten und bombastischem Sound, macht den Auftritt zu einem Konzerterlebnis im XXL-Format. Trotz aller Skandale und Kontroversen beweisen Falling in Reverse, dass sie live nicht nur provozieren, sondern auch musikalisch abliefern können. Dieses Konzert ist laut, wild, überdreht – und genau deshalb sehenswert.

Lorna Shore

Lorna Shore stehen für ein apokalyptisches Deathcore-Donnerwetter, das selbst hartgesottene Metalheads ehrfürchtig zurücklässt. Die Band um Shouter Will Ramos, bekannt für seine unmenschliche Vocal-Range, wurde von Adam De Micco (Gitarre), Andrew O’Connor (Gitarre), Michael Yager (Drums) und Gary Herrera (Bass) mit chirurgischer Präzision unterstützt. Mit epischen Tracks wie „To the Hellfire“, „Pain Remains I–III“ und neuem Material vom aktuellen Album „Soulless Divine“ verweben sie orchestrale Düsternis mit technischer Brutalität. Die Kombination aus symphonischem Bombast, tiefen Growls und einer düsteren Lichtshow verwandelt die Bühne in ein musikalisches Armageddon. Wer denkt, Deathcore könne nicht erhaben klingen, wird hier eines Besseren belehrt – Lorna Shore spielen nicht einfach ein Set, sie entfesseln einen Mahlstrom.

Powerwolf

Powerwolf verwandeln das Infield in eine bombastische Metal-Messe voller Pyrotechnik, Pathos und geballter Power. Die Band um Frontmann Attila Dorn – unterstützt von den Falk-Maria Schlegel (Keyboard), Charles und Matthew Greywolf (Gitarren) sowie Roel van Helden (Drums) – inszeniert sich wie gewohnt als sinfonische Macht mit Hang zur theatralischen Übertreibung. Mit Klassikern wie „Amen & Attack“, „Demons Are a Girl’s Best Friend“ und neuen Stücken vom aktuellen Album „Wake Up the Wicked“ zünden sie ein Feuerwerk aus Hymnen und Headbang-Momenten. Die Mischung aus sakralem Bombast, eingängigen Refrains und metallischer Wucht macht das Konzert zu einem Spektakel, das irgendwo zwischen Metal-Oper und Fantasyfilm angesiedelt ist. Wer Powerwolf live erlebt hat, weiß danach: Hier wird nicht einfach nur Musik gespielt – hier wird gefeiert, gepredigt und gebrüllt.

Aufgrund von Foto-Restriktionen war es uns leider nicht möglich Powerwolf bei Rock am Ring 2025 zu fotografieren. Hier seht ihr Powerwolf in Hamburg im Jahr 2024. Foto: stagr/Birger Treimer

Korn

Wenn Korn auf der Bühne stehen, dann brennt der Boden – und bei Rock am Ring am Sonntag zeigen sie wieder eindrucksvoll, warum sie die unangefochtenen Könige des Nu-Metal sind. Frontmann Jonathan Davis, mit seinem markanten Gesang irgendwo zwischen Wut und Wahnsinn, jagt das Publikum durch eine Setlist aus Klassikern wie „Freak on a Leash“, „Falling Away from Me“ und „Got the Life“ – Songs, die ganze Generationen geprägt haben. Die Gitarristen James „Munky“ Shaffer und Brian „Head“ Welch liefern die gewohnt schweren, verzerrten Riffs, während Fieldy am Bass für den nötigen Groove sorgte und Ray Luzier an den Drums das Gaspedal durchdrückt. Korn wissen eben, wie man aus düsterem Sound, dicken Breakdowns und einem Schuss Wahnsinn einen mitreißenden Abriss fabriziert. Ihr aktuelles Album „Requiem“ knüpft an ihre düstere Klangwelt an und liefert neue Hymnen für die Fans. Besonders: Korn schaffen es, die Festivalmassen von der ersten bis zur letzten Minute in den Bann zu ziehen – mit einer Performance, die rohe Energie und emotionale Tiefe perfekt vereint. Es ist tatsächlich so, wer Korn live verpasst, hat was verpasst.

Aufgrund von Foto-Restriktionen war es uns leider nicht möglich Korn bei Rock am Ring 2025 zu fotografieren. Hier seht ihr dafür Korn am Dienstag, den 3. Juni 2025 in Hannover. Foto: stagr/Rüdiger Knuth

Sleep Token

Sleep Token verabschieden in der Sonntagnacht als glorreicher Headliner das 40. Jubiläum von Rock am Ring mit einem epischen Ritual, das düster-atmosphärischen Alternative Metal mit emotionaler Tiefe verknüpft. Die anonym maskierte Band um Vessel und Schlagzeuger II präsentiert Songs vom neuen Album Even in Arcadia, das jüngst weltweit auf Platz 1 der Charts stürmte – inklusive ihres ersten UK Top‑10‑Singles „Caramel“ und dem viralen „Emergence“. Live beweisen sie erneut ihre Ausnahmestellung: Sleep Token gelten als „Real Live Certified“, mit Shows, die laut Kritikern zu den besten 5 Prozent zählen. Neben hypnotischer Licht‑ und Nebelinszenierung bewegt sich das Set fließend zwischen sphärischer Pop-Intimität, progressivem Metal‑Donner und hypnotischen Cleans – ein klangliches Wechselbad der Gefühle. Die Masken, die theatralische Zurückhaltung von Vessel und die grenzaufhebende Interaktion mit dem Publikum machen das Konzert zu einem tief berührenden Erlebnis. Mit diesem Headline-Set verabschieden sie das Festival nicht nur stilvoll, sondern hinterlassen eine kollektive Still & Shiver‑Stimmung unter den Zuschauern. Sleep Tokens Sound ist jenseits von Genre-Grenzen – und ihre Live‑Show ein emotionales Finale, das man nie vergisst.

Aufgrund von Foto-Restriktionen war es uns leider nicht möglich Sleep Token bei Rock am Ring 2025 zu fotografieren. Hier seht ihr Sleep Token beim Jera On Air Festival 2019. Foto: stagr /Jana Bose