Am Wochenende des 29. und 30. November 2024 verwandelte sich das Ferienresort Weißenhäuser Strand wieder in das Epizentrum der d+steren Klänge: Das Plage Noire 2024 feierte seine diesjährige Ausgabe und lockte wieder Tausende von Gothik- und Darkrock-Fans an die Ostseeküste. Die einzigartige Mischung aus Festivalfeeling und Indoor-Komfort bot eine perfekte Kulisse für ein Line-up, das keine Wünsche offenließ.
Freitag
Die kalte Jahreszeit ist angebrochen – und das bedeutet für uns eines: Zeit für das Plage Noire Festival am Weißenhäuser Strand in Ostholstein!
Die Anreise verlief problemlos, doch im Vergleich zu früheren Jahren schienen die Parkplätze dieses Mal etwas knapp zu sein. Trotzdem war während der Konzerte nicht unbedingt das Gefühl von „ausverkauft“ zu spüren.
Ein Besuch auf dem Mittelaltermarkt stand natürlich ganz oben auf der To-do-Liste, genauso wie ein genussvoller Trunk am Whisky-Stand, ein leckeres Fischbrötchen im WHS-Bistro (immer mit Blick auf die Möwen!) oder ein „Fußpils“ vom Edeka. Überall sah man Gleichgesinnte in typischer Gruftie-Manier die lange Galerie entlangschlendern – und ja, dieses Gefühl stimmte einfach: Ich war wieder in meinem zweiten Wohnzimmer.
Da Beasto Blanco in diesem Jahr leider nicht auftreten konnten, war Chrom ein großartiger Ersatz. Für uns eröffneten sie das Festival – eine perfekte Wahl für Fans von Synth-Pop und elektronischen Beats.
Die unsterbliche Seele von L’Âme Immortelle aus Österreich trat im beheizten Zelt auf – ein besonderer Moment, als Sängerin Sonja Kraushofer die Show überraschend mitten im Publikum begann und dort den ersten Song performte. Ein Highlight, das die Fans sichtlich begeisterte, mit „Bitterkeit“ , „Life Will Never Be the Same Again“ oder „5 Jahre“ überzeugte die Band sichtlich.
Im kleinen Saal brachte die deutsche Band Agonoize das Publikum mit ihren Industrial-Beats in Stimmung. Zu Beginn mit Kettensäge und ein ganz wenig Kunstblut war die Darbietung doch sehr unterhaltsam. Die Energie war spürbar, und bis zur letzten Minute wurde ausgelassen getanzt – hier war keine Zeit für Langeweile, einzige die Dekodrummerin wirkte mit dem Playback etwas überfordert.
Lord of the Lost boten, wie gewohnt, eine mitreißende Show, bevor sie nächstes Jahr ihre Welttournee antreten, leider ohne Pyros. Trotz ihrer unzähligen Konzerte in diesem Jahr ließen sie keinen Zweifel daran, wie viel Spaß sie auf der Bühne haben, interessant war auch die Auswahl von „Full Metal Whore“ und „Loreley“ zu Beginn, danach folgte eine Abfolge der diversen LotL Hits und Hymnen wie „Die Tomorrow“, „Six Feet Underground“ und natürlich „Blood & Glitter“. Immerhin sorgte die Band so für die erste Bewegung am heutigen Abend.
Zurück im kleinen, mittlerweile gut aufgewärmten Saal warteten wir auf die Mexikaner von Hocico. Die elektrisierende Atmosphäre verwandelte den Raum in eine einzige, unaufhörliche Party – das Publikum feierte jeden Beat und die Motivation von Sänger Erk Aicrag war schon deutlich erkennbar. Er suchte ständig die Nähe zum Publikum, was in dem Saal auch wenig herausfordernd war. Alles in allem überzeugte die Performance komplett.
Auch die Latex-Modenschau in der Galerie ließen wir uns nicht entgehen. Die Models, in bunten Latex-Outfits, präsentierten ihre extravaganten Looks auf Podesten, die perfekt in Szene gesetzt waren.
Das Konzert von Eisbrecher war ein weiteres Highlight: tanzbar, rockig, unterhaltsam und einfach rundum zufriedenstellend. Die Setlist bewegte sich aus einer Sammlung an Best Of Songs der letzten Jahre, das kommende Album Kaltfront wurde heute Abend aber noch nicht angeteasert. Zwischen „Volle Kraft Voraus“, „Eiszeit“ oder „Schwarze Witwe“ führte Sänger Alexx unterhaltsam durch den Abend und machte wieder gekonnt Druck. Interessant Gesangssicher waren alle Anwesenden dann bei dem Schlagercover „Tränen Lügen Nicht“, aber es hat hoffentlich niemand aufgenommen. Der Abschluss war dann „Miststück“ und „Out of the Dark“ wahrlich grandios.
Für die Nachtschwärmer gab es noch die Aftershow-Party. Wir allerdings entschieden uns für ein warmes Bett und einen erholsamen Schlaf – schließlich wartete am Samstag ein vollgepackter Tag auf uns.
SAMSTAG
Der Samstag begann entspannt und gemütlich: Ein Spaziergang am gefrorenen Strand, die Ochsen beim Futtern beobachten und dabei die klare Wintersonne tanken – so konnte der Tag wunderbar starten. Heute waren die Programmüberschneidungen aber deutlich massiver als am Freitag und so zerstreute sich das Publikum auf dem gesamten Gelände. Die Tagesagenda enthielt unter anderem Modeshows, Bands und Lesungen, was stressiger wurde als gedacht.
Ein besonderes Highlight am Vormittag war das Bodypainting in der Galerie mit der Künstlerin Iron Faces. Hier wurde der Körper einer Frau komplett mit Farben und Glitzer bedeckt – ein faszinierendes Schauspiel, das kunstvolle Ästhetik und Performance vereinte.
Musikalisch ging es im kleinen Saal mit Girls Under Glass los. Ihr sanfter, atmosphärischer Sound war der perfekte Einstieg in den Konzerttag und das Publikum trudelte auch so langsam ein.
Melotron, die Götter des Old-School-Dark-Wave, folgten – und wie so oft begeisterten sie mit ihrem unverwechselbaren Sound. Voller Energie und doch melodisch lieferten sie eine Performance, die uns erneut ins Schwärmen brachte. Mit „Maschinen aus Stahl“, „Null“ oder „Sleep Well“ überzeugten sie sehr gut, auch wenn der Saal nur mittelmäßig gefüllt war.
Bei Funker Vogt war es auch gut gefüllt und es wurde getanzt. Weiter wird an dieser Stelle aus guten Gründen nicht berichtet.
Im Zelt rockte Heldmaschine mit ihrer gewohnt unterhaltsamen Show, mit „Flächenbrand“ geht die Sause los und die Band sorgt für ein gutes Warm-Up-Programm bei den kalten Temperaturen. Mit „Sucht“ und „Bestie“ wird noch nachgelegt. Die Band konnte mit den Effekten und Spielfreude das Publikum bestens unterhalten.
Mit Diary of Dreams wurde es dunkel, mystisch und beinahe doomig. Ihre klangliche Tiefe und die intensiven Texte sorgten für eine magische Stimmung, die den Saal in ihren Bann zog. Mit einer Menge Nebel und der authentischen düsteren Show kamen musikalische Perlen wie „Epicon“, „Amok“ oder „Endless Night“ perfekt zur Geltung.
Um 20 Uhr stand das Finale der Mode-Show auf dem Programm. Hier wurde eine beeindruckende Mischung aus allen präsentierten Outfits während des zweitätigen Festivals gezeigt: Kettentextilien, Federn, Latex, viktorianischen Designs und Baumwollstoffen – für jeden Geschmack gab es etwas zu sehen. Die extravagante High-Couture war ein wahres Fest für die Sinne und eine Augenweide für alle Modebegeisterten.
Mit ein bisschen Eile waren wir pünktlich in der Hütte, wo Absurd Minds auftrat. Wenn man ein Konzert in der Hutte sehen möchte, musste man Zeit in Anspruch für die Warteschlange nehmen. Kurz reingegangen und die Hütte wurdeschnell sehr voll. Besonders im Gedächtnis blieb der Keyboarder Andy, der mit Krücken auf die Bühne kam. Trotz seines verletzten Beins gab er alles – bei einigen Songs stand er sogar auf, um zu tanzen und das Publikum mitzureißen. Seine Mühe wurde von den Fans mit tosendem Applaus belohnt.
Im Saal ging es nun stampfend mit Rabia Sorda weiter, die Bühnenperformance der Mexikaner ist wie auch am Vortag bei Hocico grandios und schnell. Sowohl auf der Bühne, als auch musikalisch legte die Band die Messlatte sehr hoch und konnte durch tatsächliche Livemusik überzeugen (leider war der Teilplayback bei etlichen anderen Bands doch schon sichtbar erkennbar).
Zurück im großen Zelt wartete dann ein weiteres Highlight: Project Pitchfork. Es war das erste Mal, dass wir über sie berichten konnten, und die elektrisierende Performance bei Ohrwürmern wie „Rain“ ließ uns glücklich und ausgelassen tanzen. Allgemein sorgte die Band für eine Menge Druck und hatte sichtlich Spaß auf die Performance, gleich zwei Drummer untermalten den Beat am Abend.
Als krönender Abschluss des Abends feierten Subway to Sally ihr Ü30-jähriges Jubiläum. Die unverzichtbare Show der deutschen Rockband mit mittelalterlichen Elementen war ein voller Erfolg und ein unvergesslicher Moment für alle Fans. Die Setlist bewegte sich hier wieder durch die Jahrzehnte der Band. Der Beginn wurde mit „Henkersbraut“ makellos eingeleitet und dann perfekt mit „Leinen Los“ fortgeführt. Nach etlichen bekannten Hits gab es mit „Post Mortem“ auch noch eine kleine Livepremiere vom neuen Album, die gut beim Publikum ankam. Last but not at least durften Subway To Sally nicht von der Bühne gehen ohne „Julia und die Räuber“ gespielt zu haben.
Auf dem Rückweg zu den Apartments warteten noch tierische Begegnungen: Zahlreiche Rehe huschten durch die Nähe der Wege, und man musste aufmerksam bleiben, um sicher nach Hause zu kommen. Diese Begegnungen unterstrichen die unberührte Schönheit der Umgebung – ein perfekter Abschluss für dieses besondere Festival.
Fazit: Wir kommen immer wieder gerne an den Weißenhäuser Strand, um die Musik, den Aufenthalt und vor allem die einzigartige Stimmung des Plage Noire zu genießen. Ein großes Dankeschön an alle, die dieses Erlebnis möglich gemacht haben!
Text: Helga Königshügel und Birger Treimer