10 Bands aus den schwarzen Gefilden beim War Against War Festival 2022 in Berlin


War Against War Festival 2022 in Berlin
Am Samstag, den 19. November 2022 lief das War Against War Festival in Berlin- (Bild: Hannes Fuchs)

Frostig ist es an diesem Novembersamstag in Berlin. Noch frostiger verspricht es in der Lautesten Platte Berlins zu werden. Im Orwo Haus nahe der Berliner Stadtgrenzen treten insgesamt 10 Bands aus den schwarzen Gefilden an. Der Titel des Festivals mutet etwas unpassend an, wenn man gute 1000km weiter gen Osten schaut. Aber hier ist zweimal hinschauen angesagt – wie so oft im Leben. Tatsächlich ist der Name dem Anti-Kriegsbuch „Krieg dem Krieg“ von Ernst Friedrich aus dem Jahr 1924 entliehen. Auch positioniert sich der Veranstalter angenehm klar gegen Kriegsverherrlichung und entsprechendes Gedankengut. Stattdessen gibt es die nächsten 12+ Stunden „Live Mukke und Bier“ bei gutem Sound und ausgelassener Stimmung.

Pünktlich um kurz nach 14:00 starten Praise the Plague ihr Heimspiel mit tiefschwarzem Black-Metal mit einer kräftigen Würzung aus Doom und Sludge-Metal. Die fünfköpfige Band, die 2017 gegründet wurde, schafft eine bedrückende Atmosphäre und reitet auf einer Welle tieferschwarzer Lava. Leider um die Uhrzeit etwas verschenkt.

Etwas poppiger geht es weiter: Gothic Metal der Marke Eden weint im Grab. Obwohl die EwiG-lichen ein neues Album im Gepäck haben, haben sie dem geneigten Publikum heute ein Oldschool-Set mitgebracht. Mit dabei auch der neue Drummer Paulus Chartreuse, der auf dem WaW seinen Bühneneinstand gibt.

Apropos Bühneneinstand: auch Cân Bardd feiern einen Einstand. Die Schweizer spielen zum ersten Mal in Berlin. Mitgebracht haben die Jungs um Gründer Malo Civelli atmosphärischen Black-Metal mit einem heftigen Tolkien-Einschlag. Das heutige Set – einmal das aktuelle Album Devoured By The Oak – kommt gut an bei gut gefülltem Orwo Haus. Auch die Urgesteine Summoning hätten ihre wahre Freude.

Spannenderweise ist es auch für Waldgeflüster das erste Gastspiel auf einer Berliner Bühne. Eine Schande eigentlich – sind die Bayern um Kollegen Winterherz doch schon 15 Jahre live unterwegs. Aber das Warten hat gelohnt – mit dem letztjährigen Dahoam haben Waldgeflüster weiterhin starkes Material im Gepäck. Melodischer Black-Metal trifft auf folkloristische Passagen. Eine starke Kombination, auch wenn das Publikum live auf die Akustik-Parts verzichten muss.

Es bleibt schwarz-metallisch, denn Firtan übernehmen die Bühne. Mitgebracht haben die Herren aus Baden-Württemberg ein neues Album mit vielen Facetten. Das wird auch ausgiebig angespielt – von Fadir bis Amor Fati stammen die Mehrheit der Songs vom jüngst erschienen Album Marter. Mitgebracht haben die vier Herren auch die Violinistin Klara, die ab dem dritten Song Labsal noch ein ganz neues Element beisteuert.

Mit Decembre Noir steigt das Festival musikalisch einmal voll auf die Bremse – tiefschwarz bleibt es. Offensichtlich ist der Weg aus Erfurt auch etwas näher, denn die Doom-Metaler waren schon das eine oder andere Mal in Berlin, auch wenn das letzte Mal etwas her ist. Lars feiert auch direkt das Wiedersehen mit dem Berliner Publikum. Es hält ihn nicht auf der Bühne und er begibt sich auf Tuchfühlung mit den Fans. Diese dürfen daraufhin in der nächster ¾-Stunde ein gelungenes Set thüringischer Death- und Doom-Metal-Kunst bewundern.

Kanonenfieber sind eine Band, die nicht so recht zu einem Anti-Kriegs-Festival passen wollen – oder eben doch. Gründer Noise sieht sich eher in der Tradition von Remarque oder dem schon zitierten Ernst Friedrich als in der des Kopp Ernst Friedrich Verlags. Ein Ritt auf der Rasierklinge, denn der Auftritt mit Pickelhaube hinter Stacheldraht polarisiert – auch dank der eingespielten Samples von Kaiser Wilhelm II. In jedem Fall ist Blackend Death-Metal ist eine sehr passende Untermalung und den Franken gelingt heute Abend ein packender Auftritt. Kein Wunder: Der Sound ist knackig, die Uhrzeit perfekt und das Material vom Füsilier zündet. Eine gelungene Release-Show.

Varg sind routinierte Profis und das merkt vom ersten Ton an. Nicht wenige sind extra wegen der Melodic-Pagan-Deather angereist. Und sie werden es nicht bereut haben. Die Coburger liefern eine energetische Show ab. Schildfront, Schwertzeit, Auf die Götter … die Fans feiern jeden Song. Highlight ist sicher das Duett von Freki und Fylgja.

War das Festival bis hierhin weitestgehend im Zeitplan, kippt dieser nun vollständig. Der Ab- und Umbau nach Varg zieht sich und Agrypnie starten mit fast einer Stunde Verspätung. Statt kurz vor 12 ist es nun bald 1 als die ersten Töne von Wir Ertrunkenen erklingen. Die Hessen klingen in dieser Nacht rauer und roher als in der Vergangenheit. Ob es am Sound liegt oder an der Songauswahl – wahrscheinlich an beidem. Weichspüler haben Torsten und seine Mitstreiter ohnehin nicht im Programm. In jedem Fall ist es wieder mal ein sehr intensiver Auftritt.

Mit Ellende geht das Festival in seine 12 Stunde und es wird elegischer. Die Österreicher haben mit Ellenbogengesellschaft ebenfalls eine neue Scheibe im Gepäck. Black-Metal mit melodischen Einschüben und einem Hauch Shoegazing sorgen für einen guten Ausklang – zumindest bei all jenen, die um 2 Uhr noch auf der Höhe sind. Höhepunkt eines mit Highlights gespickten Auftritts ist aber sicher Der letzte Marsch.

Summa summarum hatte das War against War sehr, sehr viel zu bieten. Außer hier und da mal eine längere Schlage beim Catering gab nichts zu meckern. Bands toll, Sound toll. Mission „Live Mukke und Bier“ zu 100 Prozent erfüllt. Wir freuen uns auf Ausgabe Nummer 2 nächstes Jahr!