Mittelalterlich Phantasie Spectaculum 2017 in Berlin


Zum zweiten Mal in seiner zwei Dekaden umspannenden Historie öffnet das Mittelalterlich Phantasie Spectaculum 2017 in Berlin seine Pforten. Ob es das größte Mittelalterfest Deutschlands ist, darüber kann man streiten. Das entspannteste ist es sicherlich. Und so mischen sich bei bester Wetterlage Mittelalter-Fans, Cosplayer und Normalsterbliche munter bei Gaukelei, Musik und Unterhaltung vor den Toren Berlins. Wie auch schon im letzten Jahr ist die Rennbahn Hoppegarten der Markt- und Camping-Platz zugleich. Eine fast dreistellige Anzahl an Marktständen versorgt die Freunde des gepflegten Mittelalters mit Flüssigem, Essbarem und einer Vielfalt an Handelsgut. Shopping-Queens (und Kings) kommen dabei genauso auf ihre Kosten wie Whisky- und Rumenthusiasten.


Cultus Ferox & Weltenrkieger

Wie immer lassen die gute, unauffällige Organisation und Security, den Gästen und Schaustellen maximalen Raum zur Entfaltung. Man vermag nicht zu unterscheiden, wer Gast und wer Schausteller ist. So spielen Cultus Ferox, Weltenkrieger und andere Bands akustische Sets einfach an einem freien Platz auf dem Gelände zwischen Ständen und Tavernen. Die Piratenrocker von Stormfrun spielen gegen Naturalien vom nahegelegenen Rumstand weiter Lied um Lied. Neben zig Kleinstbühnen werden die Besucher von zwei großen Bühnen beschallt – wiederum im Parallelbetrieb. Anders als letztes Jahr überschreien sich die Bühnen dieses Jahr nicht mehr. Entscheiden muss man sich dennoch, wen man sehen will. Die Qual der Wahl wird jedoch abgemildert, da fast alle Bands mehrere Sets zu unterschiedlichen Zeiten an beiden Tagen spielen.

Obwohl die Preise für Eintritt und an so manchem Stand im Vergleich zu anderen Mittelalter-Festen happig sind, gibt es nichts zu meckern. Ein namhaftes Line-up bei erstklassigem Sound auf den Konzertbühnen, die beide mit nur minimalen Pausen bespielt werden. Ritterturniere und der Bärlin Pedal Bättleglänzen mit schöner Choreographie und hohen Unterhaltungswert für Groß und Klein. Die Stimmung ist ausgelassen und die Atmosphäre spätestens mit Einbrechen der Dunkelheit ungeheuer stimmungsvoll – dank einer Vielzahl von Fackeln und Feuern.

Stormfrun

Die Ausgabe des Mittelalterlich Phantasie Spectaculum 2017 fährt unter der Jolly Roger: Neben den üblichen Verdächtigen hissen die Schweden Stormfrun den Totenkopf. Dass man Skandinavien eher Met trinkende Wikinger verbindet, stört hier niemanden. Mit teils englischen teils schwedischen Texten wird dem Publikum mächtig eingeheizt. Statt kaltem Fjordwasser versprüht die vielköpfige Piraten-Crew karibischen Esprit. Natürlich darf auch Werbung für den bestens ausgestatteten Rum-Stand nicht fehlen – mit Live-Verkostung der Cocktails versteht sich.

Mr. Hurley und die Pulveraffen

Ohne Mr. Hurley und die Pulveraffen ist ein MPS zwar möglich aber sinnlos, sagt man. Auch hier weist das Liedgut hohe Anteile von Freibeutern und Alkohol auf. „Blau wie das Meer“ steht sinnbildlich für die Gute-Laune-Musik der Barden aus Osnabrück. Heute nur als Trio schunkelt man sich mit Gitarre, Akkordeon und Perkussion durch den Abend.

saor Patrol

Die Schotten von Saor Patrol zitieren eher Braveheart als Fluch der Karibik. Das Quintett bietet Drum & Pipes mit rockiger Prägung. Neben Dudelsack und Les Paul bearbeiten gleich drei stämmige Kilt-Träger die Rhythmusfraktion. Wem die schottischen Hünen bekannt vorkommen, der irrt nicht. Neben der Musik widmet sich der stämmige Bartträger Charlie Allen auch dem Dasein als Stuntman: nicht zuletzt in den Hollywood-Epen „Gladiator“, „Robin Hood“ und „Thor – the Dark Kingdom“. Musikalisch gibt es ein buntes Potpourri ihres Schaffens: von „Outlander“ über „The Gael“ bis zu ganz alten Stücken wie „Weramur“ kommt keine Epoche zu kurz.

Versengold

Versengold eröffnen ihren Auftritt am Nachmittag mit „Sang und Klanglos“ vom im August erscheinenden Album „Funkenflug“. Danach geht es klassisch weiter: Auf „Versengold“ folgen „Verliebt in eine Insel, „Hoch die Krüge“ und „kein Trinklied“. Danach folgen weitere Songs vom neuen Alben und von vergangenen Werken. Energie geladen und routiniert zelebriert das Septett ein gelungenes Set und wird vom Publikum dafür abgefeiert. Dass die Folk-Rocker dabei direkt in die untergehende Sonne blicken müssen, irritiert sie kaum. Sänger Malte borgt sich aus dem Publikum fix eine John-Lennon-Gedächtnisbrille. Ein gelungener Auftritt wird beschlossen mit „In Namen des Folkes“ und „Ihr seid Musik“.

Faun

Mit neuer Sängerin an Bord Faun sind die Mittelalter-Dauerbrenner bereits ein Stammgast auf dem MPS. Die blonde Laura, die auch bei den Schweizer Celtic-Metallern Eluveitie zum erweiterten Line-up gehört, ersetzt seit März ihre Vorgängerin Katja. Auch wenn das Bild nun ein leicht anderes ist, verschmelzen Faun wie eh und je elektronische und mittelalterliche Klänge auf unnachahmliche Weise. Mit dem 2003er „Andro“ eröffnet das Sextett einen vielseitigen Abend und schon beim zweiten Song „Wind und Geige“ frisst ihnen das Publikum aus der Hand. Das ist umso wichtiger, da vor dem Song „Walpurgisnacht“ die Stimmgewalt der Zuschauer geprüft wird. Ein wahrer Wettstreit entbrennt zwischen Sängerin Fiona und Drehleiher-Spieler Stephan, die abwechselnd die weiblichen und männlichen Fans zu einem „Hey-yo“ auffordern. So gesellig und spielwütig geht es weiter. Auf dem Programm stehen von alten Stücke wie „Rhiannon“ bis zu ganz neuen wie „Odin“ von der letztjährigen Scheibe „Midgard“. Auch ohne Einar Selvik von Wadruna, mit dem das Stück aufgenommen wurde, entfaltet der Song seinen vollen Zauber. Viel zu schnell endet der Abend, auch wenn Faun später am Merchandise-Stand noch lange für ihre Fans da sind.

Saltatio Mortis & Knasterbart

Für Saltatio Mortis wird weiträumig abgesperrt. Wo die Mittelalter-Rocker schon am Nachmittag ordentlich abgesahnt haben, legen die Jungs nachts noch eine Schippe darauf. So wird den dankbaren Fans zu Songs „Spiel mit dem Feuer“ mit ebensolchem kräftig eingeheizt. Gigantische Feuersäulen untermalen eine spektakuläre Show. Zeitgleich geben sich noch die Gossenpoeten von Knasterbart die Ehre. Das MPS bietet genug Fans für beide Auftritte. Die Gossenpoeten nehmen dabei das Thema vom Nachmittag wieder: Schmutzige Freibeuter-Lieder und Gassenhauer für ein schunkelndes Publikum.

Leider kündigt sich in diesem Zeitraum die letzte Bahn ins heimische Berlin an. Mit guter Laune und einer leichten Schlagseite segelt die Piraten-Fregatte somit wieder gen heimische Gewässer. So denn, das MPS macht auch in 2018 wieder halt in Hoppegarten, wir freuen uns auf ein Wiedersehen.

Danke an:
Hannes Fuchs (Dvergir Photography) für Bilder und Text.