M’era Luna Festival 2017 – So war der Samstag


Einfach nicht vom verregneten Festivalsommer 2017 abschrecken lassen, haben sich die 25.000 Gothic-Fans am Wochenende gedacht und pilgerten trotz Regen und Matsch zum M’era Luna Festival 2017 auf dem Flughafengelände in Hildesheim-Drispenstedt. Wo am gleichen Wochenende bei vielen Festival deutschlandweit eher in Gummistiefeln und Regenponcho gefeiert wurde, gab es beim M’era Luna ohne wenn und aber wieder das berühmte Schaulaufen mit extravaganten Kostümen, phantasievollen Roben, mittelalterlichen Gewändern, bizarren Accessoires und gruseligen Masken. Während der heißen Fetish-Modenschau im Hangar, beim Bummeln über die Gothic-Shoppingmeile oder mit leckerem Met und Spanferkel tröstete man sich schnell über die Wettersituation hinweg. Das Maskenfest der Gothic-Szene bot natürlich auch wieder ein hervorragendes Musikprogramm, das mit Main Stage und Hangar gleich auf zwei großen Bühnen stattfand. Als mega Headliner präsentiere Veranstalter FKP Scorpio am Freitag die Nu Metal-Begründe Korn, Dark-Rocker Alexander Spreng alias ASP, die Folk-Metaller von Subway To Sally, Electro aus Schweden von Covenant, Peter Spilles mit seinem E-Wave Project Pitchfork sowie Solar Fake, White Lies, Mesh, Ost+Front und noch vielen mehr.

M’era Luna Festival 2018 Tickets + Infos:

ost+front

Mit Ost+Front betritt eine oft umstrittene Band in der schwarzen Szene die Main Stage. Sänger und Bandbegründer Patrick Lange alias Herrmann Ostfront empfängt das M’era Luna 2017-Publikum blutverschmiert und düster geschminkt. Auch der Rest der Band ist schaurig maskiert und gestylt. Ost+Front sind als brachiales Plus im Genre „Neue Deutsche Härte“ längst nicht mehr unbekannt. Zu hören gibt es einen Sound der dem von Rammstein sehr etwas ähnlich ist, macht aber doch nichts. Düster, provokant und gespickt mit allerhand schwarzem Humor sind die Songs und Texte der Berliner Band, oben drauf gibt es donnernde Gitarren. Zum Song ‚Fleisch“ bekommen Ost+Front Verstärkung durch eine Burlesque-Tänzerin, kurzerhand fallen Kleidungsstücke und schon räkelt sich die heiße Blondine in einem überdimensionalen Martini-Glas, gefüllt mit blutroter Flüssigkeit. Auch sonst geht es wild zu, der nackte Hintern von Eva Edelweiß wird vermöbelt oder die Zuschauer aus der ersten Reihe mit „Blutkonserven“ betankt. Wer bis vorher noch nicht überzeugt war von Ost+Front, drängt jetzt zumindest freudig mit der Masse in Richtung Bühne.


Feuerschwanz

Feuerschwanz sind mit ihrem aktuellen Album „Sex is Muss“  im Gepäck auf der Main-Stage und geben richtig Vollgas. Die Rock’n’Roll-Ritter von Feuerschwanz zeigen sich musikalisch experimentierfreudig, mühelos wechselnd zwischen elegant-charmantem Folk und brachialer Härte. Episch, rhythmisch, tanzbar und energiegeladen. Feuerschwanz führen jene allzu menschliche Eigenschaften vor, die sich trotz 500 Jahren Fortschritt nicht geändert haben, alles mit einem Augenzwinkern. Eine eingespielte Rockband, kombiniert mit verspielten Mittelalter Folk-Instrumenten und einem großartigen Gesangsduo.

mesh

Synthpop kommt in vielen Gewändern daher. Mal tanzbar, mal außergewöhnlich düster-technoid, mal romantisch-verspielt und an der Grenze des Pathos. Mesh weben seit über 25 Jahren zwischen ihren Drumcomputern und Synthesizern einen ganz eigenen Stil zusammen. Groovige Beats und simple, effektive Melodien kommen dabei hervor und letztendlich erkennt man: Mesh sind einzigartig. Die britische Band verpackt den Schmerz dieser Welt in ein kompaktes Paket und machen es „gut verdaulich“. Das Duo kann vor allem auch mit Songs von ihrem aktuellen Longplayer „Looking Skyward“ überzeugen.

faderhead

Hinter Faderhead steckt der deutsche Sänger und Musikproduzent Sami Mark Yahya. Der Hamburger ist bereits seit 10 Jahren mit seinen EBM-Sounds, die alle samt ordentlich Wumms haben, unterwegs. Wer tanzwütig ist und bisher noch nicht auf seine Kosten kam, kann jetzt richtig die Fetzen fliegen lassen. Brachiale Clubkracher treffen auf raffinierten Synthpop, atmosphärische Elektroballaden und experimentell angelegte Tracks. Dabei gibt es eine gute Mischung aus seiner Schaffensgeschichte, wobei auch Clubhits wie „TZDV“ und „Dirtygirls“ natürlich nicht fehlen.

white lies

Die englische Alternative-Rock-Band mit Sänger und Gitarrist Harry McVeigh, dessen Stimme nicht ganz zu Unrecht oft mit Joy Divisions Ian Curtis verglichen wird, Bassist Charles Cave und Schlagzeuger und Keyboarder Jack Lawrence-Brown haben einen weiten, erfolgreichen Weg hinter sich. Der Sound des Londoner Trios erreicht erstaunliche Tiefen, der Zusammenklang zwischen keyboardlastigen Klängen, brummigen Gitarrenriffs und starken Melodien und Harmonien wird hier in neue, unerhörte Höhen getrieben. Freude und Trauer, Liebe und Hass – die Musik der White Lies bewegt sich auf den Grenzen dieser Gegenteile, balanciert sie aus und macht dabei alles richtig.

project pitchfork

Falls die M’era Luna-Besucher gemütlich zu weit abgedriftet sind, schleifen ihn Project Pitchfork wieder über den Boden ratternd zurück. So hat Peter Spilles, nicht nur einen sondern gleich DREI Drummer mitgebracht. Mit Nachdruck wird also voll aufgedreht. Der Bogen, den Project Pitchfork auf musikalischer Ebene ziehen, lebt vom Wechsel aus Spannung, Entspannung, Harmonie. Weite Soundscapes und atmosphärische Arrangements, eine enorme Vielfalt an Klangmustern und der Reichtum an tonalem Detail lassen ihre Songs zu einer inspirierenden Erfahrung werden.

solar fake

Als nächstes erklimmt Sven Friedrich die Main-Stage. Er hat alles „Under Control“ und liefert Electro-Pop/Dark Wave vom Feinsten. EBM-Melodien gepaart mit der außergewöhnlichen Stimme von Frontmann Friedrich. Aber auch Bandkollege André Feller hinter dem Keyboard bringt die Menschenmenge in Wogen zum Tanzen. Noch vor Kurzem wagten Solar Fake einen neuen Schritt, nämlich Live-Auftritte in Form einer Akustik-Tour mit verstärkter Besetzung und das in Deutschlands heiligen Kirchenhallen. Fazit: Die Fans waren begeistert. Und heute? Natürlich kann das Duo auch beim M’era Luna alle Fans glücklich machen.

subway to sally

Eine regelrechte Institution der mittelalterlichen Rockszene steht nun auf dem Programm. Subway To Sally laden zum Tanz ein – und wie getanzt wird. Das mag nicht nur mit der Bekanntheit der Musiker (und Musikerin) zu tun haben, sondern viel mehr mit der enormen Energie, die seitens der sechsköpfigen Band losgelöst wird. Diese überträgt sich ruckzuck und eins zu eins auf das völlig ausgefüllte Infield. Auch die vornächtliche Stimmung tut ihr übriges zur perfekten Atmosphäre bei. Ein Lob auch an die Bühnen-, Licht- und Pyrotechniker, sie schaffen es, jeden Track ideal zu untermalen. Eine Demonstration von Perfektion und Können im Genre des Miittelalter-Metal! E nomine lupu et spiritus sancti – amen.

ASP

Noch beim M’era Luna Festival 2015 selbst Headliner, sind ASP heute 2 Jahre später sozusagen das direkte Vorprogramm von Korn. Die Schwarz-Rocker um Frontmann Alexander „ASP“ Spreng sind bekannt für ihre gesellschaftskritischen Themen, aber vor allem durch das Erzählen von schaurig-schönen Geschichten innerhalb ihrer Songs. So nennt die Band aus Frankfurt am Main selbst ihre Musik auch „Gothic Novel Rock“ – eine Mischung aus treibender Rockmusik, Elektro-Elementen und folkigen Melodiebögen. Man muss es einfach live hören. Aber es fällt leicht in die Melodien und Texte einzutauchen, dreht sich am Ende dann doch immer wieder alles um die Liebe.

Korn

Seitdem die Nu Metal-Urväter Korn im Oktober letzten Jahres ihr Album „The Serenity of Suffering“ veröffentlichten, ist die Begeisterung dafür groß. Nach vielen Experimenten mit verschiedenen Stilrichtungen gehen die Kalifornier Jungs damit zurück zu ihren musikalischen Wurzeln und präsentieren sich härter und intensiver als in den letzten Jahren.  Jonathan Davis (Gesang), James ‚Munky‘ Shaffer (Gitarre), Reginald ‚Fieldy‘ Arvizu (Bass), Brian ‚Head‘ Welch (Gitarre) und Ray Luzier (Schlagzeug) blicken auf ein bestens gelauntes M’era Luna-Publikum und knüpfen nahtlos an die Stimmung an, die ASP zurückgelassen haben.

Die Jungs aus Bakersfield sind ein eingespieltes Team, kein Wunder nach 24 Jahren Bandgeschichte. Und doch haben sie keinen Funken Spielfreude verloren und schäkern miteinander und auch mit den Fans. Ganz genau so soll es sein. Das alles natürlich auf höchstem musikalischen Niveau, ganz wie es langjährige Fans von ihnen gewohnt sind. Die obligatorische Einlage von Davis und seinem Dudelsack darf ebenso wenig fehlen, wie eine Wall of Death durch die gesamte Halle. Die Setlist ist abwechslungsreich, die großen Klassiker werden selbstverständlich nicht vergessen. Korn spielen als Samstags-Headliner beim M’era Luna Festival 2017 ein Konzert auf höchstem Niveau, bei dem die Band ihre Stärken voll und ganz ausspielen und den Fans so einen unvergesslichen Abend bereiten. Vor allem Davis vielseitige Stimme ist immer wieder ebenso begeisternd wie Heads schnelle Finger an der Gitarre, Fieldys markante Basslinien oder Luziers beeindruckendes Schlagzeug-Solo. Bleiben da noch Wünsche offen? Klare Antwort: Nein!

Danke an:
Birgit Lutterberg für die Foto-Unterstützung.