Lollapalooza Berlin 2017 – Festival mit Achterbahngefühlen


Ein wenig schwer gemacht hat es das Lollapalooza Berlin in diesem Jahr seinen Besuchern. Gleich am Samstag wurde der Veranstalter ordentlich auf die Probe gestellt, während knapp 80.000 Musikbegeisterte sich in Geduld üben mussten. Lange Schlangen vor den Getränke- und Essenständen, vor allem aber den Toiletten – und bei der An- und Abreise am Samstag gab es dann Probleme beim Schleusen und Transport der großen Menschenmengen. An der Spitze des Line-Ups in diesem Jahr: Foo Fighters, The xx, Mumford & Sons, Marshmello, Galantis, Hardwell, London Grammar, Marteria, Beatsteaks, Cro, Annenmaykantereit sowie ca. 30 weitere Bands und Künstler.


Das Musikfestival, nach dem gleichnamigen US-Vorbild aus Chicago, wurde bereits oft schon skeptisch beäugt – auf Grund der jährlichen Standortwechsel (erst Tempelhofer Flughafen, dann Treptower Park und jetzt Galopprennbahn Hoppegarten), sowie Schwierigkeiten mit Genehmigungen und Anwohnern. Und obwohl das Line-Up in allen drei Festivaljahren mit namhaften Headlinern der internationalen und nationalen Musikszene bestückt wurde, liegt das Programm der globalen Ausgaben in den USA, Argentinien, Chile, Brasilien und Frankreich im Vergleich noch etwas darüber. Wie auch immer: Das Lollapalooza Berlin 2017 war restlos ausverkauft und dank beständigem Wetter, konnte man alles in allem zwei schöne Festivaltage verleben.

Für das Lollapalooza Berlin 2018 heißt es nun: Alles auf Neuanfang. Im vierten Jahr wird das Musik-Open-Air-Event erneut den Standort wechseln – es geht zurück in die Landeshauptstadt, in den zentral gelegenen Berliner Olympiapark.

lollapalooza berlin 2018 Tickets + Infos:

Lollapalooza Berlin 2017 – Samstag
Mit Betsy, Roosevelt und der Indie-Folkband Bear’s Den aus England startete am frühen Samstagmittag das Programm auf der Galopprennbahn östlich von Berlin. Bei leichten Regenschauern pilgerten die Besucher allerdings nur nach und nach auf das Gelände (auch wegen des oben genannten Anreiseprobleme). Es folgten u. a. Wanda, Mike Perry und der 24-jährige britische Sänger George Ezra, der mit seinen selbstgeschriebenen Popsongs und dem smarten Auftreten endlich das Infield füllte und einige Mädchenherzen höher schlagen ließ.

The Vaccines
Auf der Alternative-Stage begeisterte die ebenfalls aus UK-stammende Indie-Rock-Band The Vaccines. Ihre eingängigen und gleichzeitig kurzweiligen Songs bedienten sich keiner großen Theatralik, auf der Bühne gab es keine imposanten Arrangements sondern ein einfaches Set-Up aus Gitarre, Schlagzeug und Bass. Und dennoch war ihr Liveauftritt beste Indie-Ohrwurm-Qualität die sich deutlich vom Einheitsbrei manch anderer Bands abhebt.

Beatsteaks
Die Beatsteaks waren auf Festivals schon immer ein Garant für gute Stimmung und nicht umsonst gelten sie als eine der erfolgreichsten Live-Rockbands des Landes. Eine gut gemischte Setlist aus 16 Songs präsentierten die Berliner, auch mit frischem Beiwerk vom nagelneuen Tonträger „YOURS“ (vorletzte Woche erschienen). Sänger Arnim Teutoburg-Weiß und Co. sorgten dafür, dass ordentlich Bewegung in die Menge kam.

Marteria
Deutsch-Rapper Marteria hatte sein Publikum sofort im Griff – beim druckvollen „Roswell“ (zur neuen, gleichnamigen Platte), „Endboss“, „Scotty Beam mich ab“ oder dem Charterfolg „Aliens“, bei dem Musikerkollege Arnim Teuteborg-Weiß von den Beatsteaks direkt dazukam. Marteria stand aber auch seit eh und je für geniale Video, Licht- und Laser-Shows. Und als Special Guest gab es den obligatorischen Auftritt von Marteria’s Altem Ego, dem kiffenden Grünling Marsimoto. Der hypte mit seinen THC-lastigen, ironischen Songs jeden Zuhörer mit, dazu Rauchbomben und Pengalos. Eben ein typischer Marteria-Abriss. Ab Ende November 2017 ist der gebürtige Rostocker wieder auf ausgiebiger Deutschland-Tour zu erleben.

Mumford & Sons und Marshmello
Als weitere Tages-Höhepunkt spielten die vier Londoner von Mumford & Sons zur absoluten Prime Time. Die britische Folk-Rock-Band zog fast jeden Lollapalooza-Besucher vor die Bühne, der sich nicht lieber parallel zu den Electro-Pop-Beats von Galantis die Seele aus dem Leib zappeln wollte. Folk, Bluegrass, Rock und Country hatten Mumford & Sons wieder perfekt verwoben. Die Blasinstrumente verschmolzen wie selbstverständlich mit Banjo, Geige und Gitarre – und die Zuschauer blieben glücklich und fast atemlos zurück. Einfach eine Musik mit Rückgrat von Jungs mit eigenen Stil, der unverbraucht und trotzdem wunderbar gewohnt ist. Future Bass-DJ Marshmello sorgte danach mit ekstatischen Klängen, druckvollem Bass und zuckender Lichtshow für die nächtliche Feierabend-Sause auf der Perry’s Stage.

Lollapalooza Berlin 2017 – Sonntag
Im Gegensatz zum Vortrag wurde es schon früher voll auf dem Gelände. Seitens des Veranstalters wurde also an den Problemen der Anreise schonmal geschraubt. Viele fröhliche Gesichter und entspannte Gemüter wollten sich das Festival auch einfach nicht verderben lassen. Mit dem Schweizer Musiker Bonaparte (Tobias Jundt) und seiner freakigen Show ging es los, die finnische Elektro-Pop-Göre Alma legte nach und mit den tanzbaren Drum’n’Bass-Beats des vierköpfiges Musikkollektiv Rudimental waren dann endlich alle Sorgen vergessen.

Django Django

Langeweile Ade. Im Meer der Indie-Musik ruderte das Quartett Django Django aus England an diesem Wochenende eine ordentliche Position nach vorne. Tanzbare bis psychedelische Sounds mit einer Menge Rhythmik verschafften den Zuschauern allerhand Möglichkeit zu körperlichen Lockerungsübungen.

Anne-Marie

Sängerin Anne-Marie Nicholson (Künstlername Anne-Marie) – wie viele ihrer Musikerkollegen an diesem Lollapalooza-Wochenende aus England – war den Zuschauern vor allem durch ihren gemeinsamen Hits mit Ed Sheeran, Rudimental oder Clean Bandit geläufig. Aber nicht nur in der Musiklandschaft hat sich Anne-Marie schon Respekt verschafft, die blonde Schönheit wurde auch schon mehrfach Weltmeisterin im Shōtōkan-Karate. Die 26-jährige verströmte gute Laune mit ihren Songs aus R&B, Hip-Hop und Dance.

Metronomy
Und wieder UK nur dieses Mal mit Indietronic. Metronomy mit Sänger und Soundtüftler Joseph Mount an der Spitze sorgten für erstklassige Unterhaltung. Die Mischung aus Electro, Indie, Pop als perfekte Formel für den Sommer, zeitlos und groovy.

AnnenMayKantereit

Beschwingt und lächelnd brachten Henning May und Co. Bewegung auf die Bühne. So zart, wie May auf den 1. Blick wirkte, so tief und hart schallte dagegen seine Stimme. Als hätte er Gesangsunterricht bei  Joe Cocker höchstpersönlich genommen. Für eine durchdrehende Masse reichte das natürlich völlig aus. Die Strophen der Annenmaykantereit-Songs wurden überall mitgesungen und sei es nur der Refrain. Große Highlights waren dabei natürlich „Barfuß am Klavier“ und „Pocahontas“. Die vier Kölner lieferten eine höchst angenehme Liveshow ab und das mit der Bescheidenheit von Straßenmusikern, die sie ja vor wenigen Jahren auch noch waren.

London Grammar

Ruhig und bedächtig, aber sehr stimmungsvoll war der Auftritt des Trios London Grammar. Die Songs der Briten gingen unter die Haut, die Harmonien waren stimmig und die Stimme von Sängerin Hannah Reid einfach ein großartiges Hörerlebnis. Für solche musikalische Melancholie muss man einfach in der Stimmung sein, so hätte ihr Auftritt vielleicht eher in das Abendprogramm gepasst.

Foo Fighters
Ein würdiges, spektakuläres Abschlusskonzert lieferten die Foo Fighters auf der Mainstage am Sonntagabend ab. Klar, denn diese Rockband hat auch eine 22-jährige Musikgeschichte auf dem Buckel. Frontmann Dave Grohl und seine fünf Bandkollegen sorgten für ein überfülltes Infield und musikalisch konnte es nur eine Richtung geben: harte Hooklines, bratzige Gitarren und dazu catchy Refrains. 20 satte Songs umfasste die Setlist der US-Rocker und ließ 2 Stunden lang eine geballte Stimmung aufkochen. Mit ihrem frisch veröffentlichten Album „Concrete and Gold“ wurde ein weiterer Karriere-Meilenstein für die Foo Fighters gelegt und sicher ist, es wird nicht der Letzte gewesen sein.

The xx, Oliver Heldens und Hardwell
Wer die scheuen Londoner Romy Madley Croft, Oliver Sim und Jamie Smith aka The xx und ihre melancholisch-minimalistische Musik kannte, hätte sie sich eher noch in dunklen Szene-Clubs vorgestellt. Aber die sind aufgrund des unglaublichen Erfolgs der Briten längst ein paar Nummern zu klein. Großartige Bühnen- und Lichtshow mit verspiegelten Säulen dazu Musik und Melancholie – ein großes Konzert! Parallel bliesen auf der Perry’s Stage zwei Holländer zum elektronischen Festival-Finale: Deep House DJ + Produzent Oliver Heldens gefolgt von Hardstyle-Nummer-1-DJ Hardwell.