Hurricane Festival 2025 – Samstag: Unsere Highlights


Hurricane Festival 2025 – Samstag: Unsere Highlights
Der zweite Tag beim Hurricane Festival 2025 war der 21. Juni. (Bild: Günther Rojahn)

Der zweite Tag am Eichenring in Scheeßel zeigte sich am Samstag, dem 20. Juni, von seiner sonnigen und milden Seite – mit Tageshöchstwerten um die 22 °C war perfektes Festivalwetter angesagt. Die Zeltstadt summte bereits am Nachmittag vor Vorfreude und ausgetretenen Pfaden zwischen Bühnen, Foodtrucks und Bierzelten. Genau dieser lässige Vibe – gute Laune, entspannte Crowd und musikalische Vielfalt – macht das Hurricane seit fast drei Dekaden so besonders.

Auf den großen Stages krachte es gleich mit einem Mix aus Indie-Rock und Electro, während die kleineren Bühnen intimere Momente boten – ein Wechsel, der das Festival spannend und dynamisch hält. Die Acts des Tages – darunter Electric Callboy, Jimmy Eat Worlds, The Prodigy, Deftones, Apache 207, 01099, Zartmann und viele mehr – vereinten Chart-Erfolge und Underground-Perlen: Vom tanzbaren Mainstream-Beat bis zu schrulligem Alternative-Sound war alles dabei. Besonders beeindruckend: Die Produktion – satte Soundqualität, präzise Tonmischungen und kaum Verzögerung beim Bühnenumbau.

Zwischen den Auftritten sorgte die Festivalcommunity für gute Stimmung – bei viel Sonne war Kreativität überall zu spüren. Die Security und Crew arbeiteten gewohnt professionell, freundlich und unaufdringlich – typisch Hurricane: locker, aber organisiert. Mit Blick auf den Sonntag spürt man auf dem Gelände förmlich das Versprechen: Da geht noch mehr! Denn nach zwei Tagen voller Überraschungen, Soundfeuerwerk und Gemeinschaftsgefühl ist klar: Das Hurricane bleibt ein Paradies für Musikfans, die Vielfalt lieben und nie genug bekommen wollen.

Irie Révoltés

Irie Révoltés sind nach achtjähriger Bühnenpause zurückgekommen – und wie! Die Heidelberger Band mischt zündenden Reggae, Ska, Punk, Rap und Elektro mit politischem Feuer und tanzbarem Ignorier-den-Alltags-Blues – live ein echter Energiebündel-Kick. Songs wie „Allez“, „Zeit ist Geld“ und „Antifaschist“ wurden mit lautstarker Euphorie gefeiert – bei der Re‑Tour 2025 richten sie ihren Sound gegen Ungerechtigkeiten und für positive Vibes. Die Shows strahlen eine kollektive Revolte‑Party aus, bei der jedes Saxophon‑Solo und jeder Rap‑Part das Publikum mitreißt – wie eine lockere Demo mit Bass im Blut. Dass Irie Révoltés nach ihrer letzten Show 2017 nun wieder auf der Bühne stehen, verleiht dem Hurricane‑Auftritt zusätzlichen Symbolcharakter: Es war mehr als ein Konzert, es war ein Comeback‑Statement. Die neunköpfige Crew wirkte frisch, fokussiert und erfrischend unaufgeregt – genau das macht ihre Live‑Magie aus. Besonders beeindruckend: Ihre politische Haltung bleibt stark, aber niemals belehrend, vielmehr mitreißend in tanzbare Beats verpackt. Die hohe Qualität der Performance zeigte: Irie Révoltés sind jetzt nicht nur wieder da – sie sind besser denn je. Wer sie auf dem Hurricane verpasst hat, hat einen der wärmsten, lautesten Punk‑Reggae‑Momente des Samstags liegen lassen.

Blond

Blond haben sich ihren Platz im Hurricane-Line-up mit Charme, Melodie und echter Bühnenpräsenz verdient. Nina und Lotta Kummer (die Schwestern von Frontmann Felix Kummer von Kraftklub) bringen gemeinsam mit Johann Bonitz eine erfrischende Mischung aus verspieltem Synth-, Bass- und Gitarrenpop auf die Bühne – live ein richtiges Gute-Laune-Ding. Hits wie „Männer“, „Mein boy“ und „Girl Boss“ wurden mit viel Elan vorgestellt und überzeugten auch die Festivalgäste, die sie vielleicht gerade erst entdeckt hatten. Ihre Musik lebt von cleveren Textideen – mal ironisch, mal ehrlich – und eingängigen Melodien, die sofort ins Ohr gehen. Auffällig war, wie das Trio es schafft, intime Songmomente von der Clubbühne ins Festivalpublikum zu übersetzen, ohne an Energie zu verlieren. Die Performance war keine Standard-Live-Show, sondern hatte diesen charmanten, leicht nerdigen Vibe, der sie schon als Support für Größen wie Kraftklub auszeichnete. Die Chemie auf der Bühne – drei Stimmen, ein echtes Bandgefühl – gab dem Set eine besondere Authentizität. Wer Blond bisher nur vom Album kannte, wurde hier eines Besseren belehrt: Das ist handgemacht, frisch und live ein richtiges Highlight.

Jimmy Eat World

Jimmy Eat World haben am Samstag beim Hurricane Festival bewiesen, warum sie seit den 1990er Jahren zu den emotionalsten Eckpfeilern des Alternative-Rock zählen – mit Gitarrenriffs, die direkt ins Herz treffen. Ihre Musik verbindet auf einzigartige Weise treibende Melodien, hymnische Refrains und diese unverkennbare Mischung aus Nachdenklichkeit und Power. Klassiker wie „The Middle“, „Sweetness“ und „Bleed American“ wurden von der Menge lautstark mitgesungen – echte Mitsing-Anthems, die selbst casual Festivalgänger elektrisierten. Auch Songs wie Pain oder My Best Theory zeigten: Jimmy Eat World sind mehr als ihre Hits – sie entwickeln ihren Sound weiter, ohne ihre Wurzeln zu verleugnen. Jim Adkins führte charmant lächelnd durchs Set, und man spürte förmlich den szenetypischen Emo-Vibe, der ihre Liveshows seit Jahrzehnten so packend macht. Die Band lieferte tight und präzise ab, während jede Gitarrenschwingung und jeder Drum-Hit live noch mehr wog als auf Platte. Wo viele Acts beim Festival 08/15 abliefern, baute Jimmy Eat World ein Intensitätslevel auf, das sowohl intime als auch euphorische Momente bot. Ihr Samstag-Set war damit ein Höhepunkt für alle, die Kraft und Gefühl lieben – ein echter Festivalmoment, der lange nachhallt.

070 Shake

070 Shake hat am Samstag beim Hurricane eindrucksvoll bewiesen, warum sie in der Alternative- und Rap-Szene zur ersten Liga gehört. Ihre Musik verbindet düstere, fast schon ätherische Soundlandschaften mit rohen, eindringlichen Vocals – live erzeugt das eine Gänsehautatmosphäre, die nur wenige Acts hinbekommen. Songs wie Guilty Conscience und Beautiful Silence erzeugten einen beinahe sakralen Sog, bei dem das Publikum zwischen konzentriertem Lauschen und ekstatischem Jubel pendelte. Besonders bemerkenswert war, wie sie mit reduzierten Beats und unerwarteten Stimmungswechseln Spannung aufbaute – ein Kontrastprogramm zu vielen Festival-Klischees. Die optisch-minimalistische Bühne lenkte nicht ab, setzte aber genau den richtigen Rahmen für ihre emotionale Performance. Festivalbühnen können mehr sein können als Partyarenen – und so hinterließ 070 Shake ein tief berührtes Publikum, das diesen Auftritt so schnell nicht vergessen wird.

Zartmann

Zartmann zählt aktuell zu den spannendsten Stimmen der deutschsprachigen Musikszene. Sein Mix aus gefühlvollem Pop und klugen Rap-Elementen, gepaart mit poetischen Texten, lässt Songs wie „Wie du manchmal fehlst“ (Top‑10-Hit und 1Live‑Krone-Gewinner) und „Tau mich auf“ (Platz 1 in Deutschland, Österreich und Schweiz) live noch intensiver wirken. In Scheeßel überzeugte er mit eindringlicher Bühnenpräsenz und versierte Songauswahl – mal zart, mal druckvoll, stets echt. Besonders bemerkenswert war, wie er intime Passagen in ein großes Festivalpublikum übertrug, ohne in Kitsch abzurutschen. Seine neuen Stücke von der „schönhauser“-EP zeigten, dass Zartmann sich weiterentwickelt, ohne seine emotionale Authentizität zu verlieren . Die Band spielte live tight, ließ Raum für melodiöse Folk- und Indie-Arrangements und setzte die Stimme des Berliners gekonnt in Szene. Diese Show war kein lautes Spektakel, sondern ein intensives, warmes Erzähler-Kino, das zwischen Gänsehaut und Mitsingen pendelte. Wer dachte, Zartmann sei nur für leise Club-Abende, wurde hier eines Besseren belehrt – das war großes Festivalkino im kleinen Format. Insgesamt: ein emotional aufgeladenes, norddeutsches Highlight, das das Hurricane-Samstag-Programm bereicherte.

Mehnersmoos

Mehnersmoos haben mit ihrem Sound aus psychedelischem Indie-Rock mit Lo-Fi-Attitüde längst Kultstatus erlangt. Mit Songs wie „Königin im Waschsalon“ und „Plattform“ zeigten sie, dass ihre melancholisch-schönen Melodien nicht nur im Wohnzimmer, sondern vor allem auf der Festivalbühne funktionieren. Was diesen Auftritt besonders machte, war die perfekte Balance zwischen emotionaler Tiefe und DIY-Energie – ein Spiel aus Groove und rauer Schönheit. Die beiden Rapper MadFred und Maydn strahlten dabei eine spürbare Verbundenheit untereinander und mit dem Publikum aus, was den Gig zu einem intimen Gemeinschaftserlebnis verwandelte. Mehnersmoos haben am Samstag ein gut gelauntes, beeindruckendes Statement gesetzt – voller Herz, Klangmagie und diesem unwiderstehlichen „Alter, hast du das gehört?“-Moment, den man live erleben muss.

Deftones

Deftones haben gehören zu den emotionalsten Schwergewichten der Alternative-Metal-Szene. Ihre einzigartige Soundkulisse – eine Mischung aus massiven Gitarrenwänden, verträumten Keyboard-Texturen und Chino Morenos unverkennbarem Gesang – drückte dem Abend regelrecht seinen Stempel auf. Bei Klassikern wie „Change (In the House of Flies)“ und 2My Own Summer (Shove It)“ wurde die Crowd zu einem einzigen atmenden Organismus aus Headbangen und ekstatischem Jubel. Doch auch neuere Tracks wie „Ohms“ demonstrierten: Die Band bleibt relevant und experimentierfreudig, ohne ihre DNA zu verleugnen. Die Performance pulsierte und verlieh dem Festivalgelände nachts eine düstere, aber faszinierende Atmosphäre – ideal für all jene, die beim Hurricane Tiefgang und Intensität suchen. Deftones harmonisierten Härte und Melancholie so souverän, dass man sich irgendwann fragte: War das härteres Konzert oder therapeutischer Befreiungsschlag? Ihre Bühnenshow verzichtete bewusst auf übertriebene Showeffekte – die Musik wirkte dadurch umso mächtiger. Wer am Freitag noch grippefrei war, verließ das Gelände mit einem grinsend-rauen Hals und dem sicheren Gefühl, eines der spannendsten Live-Erlebnisse des Festivals erwischt zu haben.

Aufgrund von Foto-Restriktionen war es uns leider nicht möglich Deftones beim Hurricane 2025 zu fotografieren. Hier seht ihr dafür Deftones bei Rock am Ring 2022. Foto: stagr/Julia Langmaack

Electric Callboy

Electric Callboy enterten Forest Stage mit einer elektrisierenden Mischung aus Metalcore, Elektro und jeder Menge Humor – genau das, was man von den deutschen Hitmaschinen erwartet. Ihre Songs wie „Hypa Hypa“ und „Pump It“ entfachten eine tanzwütige Ekstase, bei der Moshen, Headbangen und Bierduschen in perfekter Harmonie koexistierten. Was ihre Musik so besonders macht, ist diese absurde Verschmelzung aus zugänglichen Popmelodien, wuchtigen Breakdowns und witzigen Textzeilen – live ein Spektakel, das man mit einem Augenzwinkern genießen kann. Die Band präsentierte sich als geborene Entertainer, die in Interaktion mit dem Publikum gehen, Blicke stehlen und die Show als Gesamtkunstwerk verstehen. Die Performance kam genau dort an, wo der Mix aus Pit und Party gefragt ist – perfekt für ein Festival wie das Hurricane. Ihre energiegeladene Bühnenshow, untermalt von wabernden Lichtern und visuell absurden Einlagen, machte das Konzert zu einem der explosivsten Momente des ersten Tages. Wer dachte, Electro-Core sei nur laut und hart, wurde hier eines Besseren belehrt: Das war Puls, Spaß und Party unter freiem Himmel. Kurz gesagt: All das, was Electric Callboy ausmacht – powergeladen, ironisch und mitreißend – gab es im Open-Air-Format in maximaler Dosis.

Sam Fender

Sam Fender hat in der samstäglichen Mitternachtsstunde beim Hurricane gezeigt, warum er als einer der packendsten Live-Acts im Alternative-Rock gilt – eine Selbstverständlichkeit für Fans, euphorisch für alle anderen. Seine Musik lebt von emotionalen Hymnen, durchzogen von Seelen-Boogie und gesellschaftskritischen Texten, die zwischen Wut und Trost navigieren. Hits wie Seventeen Going Under, Hypersonic Missiles und das neue People Watching ballerten mit einer Intensität, die das euphorische Jubeln des Publikums unüberhörbar machte. Live bewies er erneut, warum seine Stimme und Bühnenpräsenz in die Top 1 % der Live-Performer zählen. Zwischen Dosenbier und Moshpit entstand der Moment, in dem alle empfanden: Das ist kein Chart-Geplärre, das ist echtes Erleben. Wer um Mitternacht noch wach war, erlebte Festivalmagie pur – brodelnde Gitarren, pochende Beats und diesen Funken, der Sam Fender so unverwechselbar macht.

The Prodigy

The Prodigy haben als einer der Headliner des diesjährigen Festivals eindrucksvoll bewiesen, dass sie auch ohne den 2019 verstorbenen Keith Flint noch immer ein elektrisierendes Live-Erlebnis liefern können. Auch wenn er eindeutig fehlt, der Band als auch der Fangemeinde. Liam Howlett und Maxim Reality brachten die Menge mit brachialen Beats, strobo-getränkten Visuals und kompromisslosem Rave-Punk-Sound zum Kochen. Klassiker wie „Firestarter“, „Breathe“ und „Smack My Bitch Up“ wurden als wuchtige Huldigung an Flints Vermächtnis ins Publikum gefeuert – laut, roh und mit Gänsehautmomenten. Was The Prodigy ausmacht, ist ihre unverwechselbare Mischung aus aggressivem Elektro, Punk-Attitüde und der Fähigkeit, jede Bühne in einen dystopischen Club zu verwandeln. Die Show war ein energiegeladener Ritt durch drei Jahrzehnte Bandgeschichte – brachial, nostalgisch und gleichzeitig vollkommen im Hier und Jetzt. Ihr aktuelles Album Rebel Frequency knüpft genau da an und liefert neue Tracks, die live ebenso heftig zünden wie die Klassiker. Wer dachte, nach Flints Tod sei Schluss – wurde eines Besseren belehrt: The Prodigy leben, und wie.

Aufgrund von Foto-Restriktionen war es uns leider nicht möglich The Prodigy beim Hurricane 2025 zu fotografieren. Hier seht ihr dafür The Prodigy bei Rock am Ring 2025. Foto: stagr/Julia Langmaack