Escalation Fest 2022: Heißes Indoor-Festival im Hochsommer


Escalation Fest 2022
Das Escalation Fest startete am Samstag, den 13. August 2022 in Oberhausen. (Bild: Cynthia Theisinger)

Dass Electric Callboy schon lange kein Geheimtipp mehr ist, ist nicht von der Hand zu weisen. Innerhalb von wenigen Tagen ausverkaufte Touren sprechen Bände. Grund genug, sein eigenes Festival zu veranstalten. Mit dabei Samurai Pizza Cats, One Morning Left, Any Given Day, Annisokay und 257ers. Aber ist es wirklich das sinnvollste, ein Indoor-Festival mitten im August in der Rudolph Weber Arena in Oberhausen zu veranstalten?

Während es draußen 33 Grad sind, läuft man beim Betreten der Halle in eine Wand. Eine angenehme, kühle Wand. Die Klimaanlage tut ihr bestes, aber ob das den Tag so bleibt? Schaut man sich unter den Besuchern um, kommt man sich vor wie bei einem riesigen Junggesellinnenabschied. Jogginganzüge in knallenden Farben und Vokuhila stehen an der Tagesordnung. Und zumindest ein Abschied ist sicher dabei.

Samurai Pizza Cats

Als pünktlich um 15 Uhr Samurai Pizza Cats auf die Bühne kommen, wird es plötzlich voller. Die vorher langen Schlangen im Vorbereich werden langsam kurz, einige Minuten später gibt es kaum noch Bewegung auf den Laufwegen. Die Ränge sind bereits gut gefüllt und auf den Stehplätzen ist nur noch Platz auf den Füßen des Nachbarn, zumindest in den ersten Reihen. Platz gibt es nur kurze Zeit bei einer Wall of Death zu „Welcome to the Fightclub“, welche sich über den halben Innenraum zieht. Oder zum abschließenden Circle Pit, welcher nicht kleiner ist. Auch wenn der Auftritt mit 25 Minuten recht kurz ist, ist das Publikum warm, trotz Klimaanlage, die weiterhin ihr Bestes gibt. Zugabe rufe stehen schon jetzt an der Tagesordnung, müssen aber leider unbeantwortet bleiben.

One Morning Left

Weiter geht es mit One Morning Left, welche bereits bei der letzten Tour mit am Start waren und die einzige nicht deutsche Hand des Tages sind. Die Finnen wissen jedoch direkt zu überzeugen und ziehen das Publikum direkt mit ihrem etwas eigenen Sound aus Metalcore und vielen elektronischen Elementen in ihren Bann. „What the fuck is Up Deutschland? Its fucking great to be back!“, werden wir in einer kurzen Pause begrüßt, bevor es direkt weiter geht. Die Band produziert hier, heute und in diesem Moment ein Musikvideo für einen kommenden Song. Das nimmt ein einzelner Crowdsurfer als Anlass, sich vermutlich in diesem zu verewigen. Richtig Stimmung kommt nochmal am Ende zum Michael Jackson Cover „Beat it“ auf. Mit „You’re Dead! Let’s Disco!“ wird der letzte Song eingeleitet. Auch hier gibt es nochmal eine ordentliche Wall or Death, welche sich über die gesamte Länge des Infields zieht. So geht man mit einem Knall der anderen Art.

Any Given Day

Spätestens mit dem Beginn von Any Given Day ist der Pit an diesem Tag nicht mehr wegzudenken. Einmal geöffnet, hört er nur in den Umbaupausen auf zu rotieren. „Wir sind Any Given Day und es ist uns ein Fest, heute mit euch die Eskalation zu feiern“, begrüßt uns Sänger Dennis Diehl und will dabei den Pit immer größer sehen. „Wir haben wenig Zeit, weniger labern, mehr Mucke“, sagt er weiter und öffnet derweil mit Gesten die nächste Wall of Death, wieder über das ganze Infield. Hier müssen aber zunächst die ersten Reihen 10 Liegestütz machen, Dennis macht das natürlich vor. Als die Seiten schließlich ineinander rauschen, bildet sich sofort ein Circle Pit, der erstmal bestehen bleiben sollte. Eine kurze Unterbrechung der Songs gibt es dann doch. Gitarrist Andy Posdziech hat Geburtstag, so wird ihm ein kleines Ständchen kredenzt. „Wie kann man einen Geburtstag besser feiern, als auf dem Scheiß Eskalations Fest oder was?“, fragt Dennis bevor es emotionaler wird. Mit „Wind of Change“ covert die Band einen Song der Scorpions „gegen all die scheiße die auf der Welt Grade passiert“. Das Ende wird mit „Savior“ eingeleitet, zu welchem das Publikum nochmal alles gibt und sich Dennis auf die Hände des Publikums stürzt.

Annisokay

Während sich bei Any Given Day alles um Pits gedreht hat, steht bei Annisokay der klassische Crowdsurfer im Fokus. Diese werden immer mehr und legen eine immer weitere Strecke zurück. „Wir freuen uns, an diesem historischen Abend heute da sein zu dürfen! – Nein Spaß, das macht uns fast sprachlos, deswegen höre ich jetzt besser auf zu reden“, sagt uns Sänger und Gitarrist Christoph Wieczorek. Dennoch kommt aber auch der Pit nicht zu kurz. „Seid ihr bereit, zu eskalieren? Wir nehmen euch beim Wort. Wir wollen einen Circle Pit sehen, der Song ist wie dafür gemacht!”, sagt Shouter Rudi Schwarzer, bevor die ersten Töne von “Unaware” ertönen. Natürlich umfasst der Pit in diesem Fall den Großteil des Infields. Zum Abschluss gibt es nochmal viel Arbeit für die Security. Rudi ruft zu “STFU” zum Crowdsurfen auf, was entsprechend viele Fans in die Höhe treibt.

257ers

Nachdem alle bisherigen Bands klar dem Metal zuzuschreiben sind, ändert sich dies mit 257ers. Das Hiphop-Duo sticht nicht nur durch ihre “andere” Musik hervor, sondern auch durch ihre Gimmicks. Schon im ersten Song kommt die Feuerwehr auf die Bühne und kühlt das Publikum mit CO2 Kanonen, Konfetti und Wasserpistolen. Die Axt bleibt dabei zum Glück auf der Bühne. “Die ruhigen Songs haben wir zuhause gelassen”, sagt uns Rapper Mike und deute auf die Eskalation hin. “257er Show und nüchtern ist richtig dumm, wir saufen und auch einen rein”, sagt Shneezin weiter, bevor sie sich an der Bar, die sie auf der Bühne aufgebaut haben bedient. Das Publikum bekommt aber auch was ab. Über ein langes Rohr wird ein Kanister Bier über dem Publikum “verschüttet”, da dieser eher einer Wasserfalldusche gleicht, als etwas, aus dem man trinken könnte. „Leute, ihr habt Tickets gekauft zum Eskalation Fest, da sind wir nicht Schuld”, heißt es weiter. Eine kurze Pause gibt es nur bei einem weiteren Ständchen. Diesmal für Alexandra, die Freundin von Shneezin. “Habt einfach ’ne geile Zeit Leute, das Leben ist viel zu kurz für schlechte Laune” heißt es kurz bevor Shneezin stolz den Song Holz mit den Worten “Der dümmste Song Deutschlands und wir haben ihn geschrieben” ankündigt. Generell liegt der Humor beim Auftritt im Vordergrund. Nicht nur bei den Songs, auch dazwischen nimmt keiner sich wirklich ernst und will es auch nicht. Besonders nicht zur “90er Eurodance Party”, bei dem vier passende Songs angespielt und jeweils mit einer Wall of Death gefeiert werden. Mit den Worten “Einmal kurz und knackig alles kaputt machen, Dankeschön, wir waren 257ers, vielen Dank” verabschieden sich die Künstler schließlich von der Bühne.

Electric Callboy

Dann ist es Zeit für die Band des Tages: Electric Callboy. Passend zum Song “Pump It” stürmen die Jungs in Jogginganzügen auf die Bühne und zeigen mit viel Pyro und Konfetti, wo der Hase den Rest des Abends lang läuft. Die Bühne ist dabei weiter auffallend leer. Keine großen Aufbauten, lediglich eine große LED-Wand über der Bühne. Angenehm simpel. Inzwischen sitzt auch auf den Rängen niemand mehr. Alle schauen gespannt Richtung Bühne, mit einem breiten Grinsen im Gesicht. ”Oh mein Gott, Escalation Fest, ihr seid der Wahnsinn”, sagt uns Sänger Kevin Ratajczak freudig. Sänger Nico Sallach schließlich sich dem an. “Es ist so, als würdest du dein eigenes Kind die ganze Zeit anschreien”, sagt er lachend. Es ist ihr eigenes Festival mit vielen befreundeten Bands und zudem die größte Headline Show, die sie jemals gespielt haben. Die Freude steht allen ins Gesicht geschrieben. In den letzten zwei Jahren, erzählen sie, haben sie nicht nur Musik und Videos gemacht, sondern auch viele tolle Leute kennengelernt. Einer davon kann heute leider nicht dabei sein, da er sich heute krankgemeldet hat. Die Rede ist von Influencer Kalle Koschinsky, mit dem der gemeinsame Song „Castrop X Spandau” produziert wurde.

“Nach dem Tag würde es mich nicht wundern, wenn ihr mal ’ne Pause braucht, braucht ihr ne Pause?”, fragt uns Kevin. Die brauchen wir natürlich nicht. Dafür werden zu “MC Thunder II” die Tanzmoves ausgepackt. Sie freuen sich, endlich wieder spielen zu können, erzählen sie weiter und sagen selber, dass sie etwas sprachlos sind. Anfangs hatte sie Angst vor den großen Hallen und besonders vor Rängen. Jetzt sind sie aber umso glücklicher über die Mini-Partys, die auf diesen entstehen. ”Lass mal schnell Musik machen, da hat einer Zwiebeln geschält”, sagt Kevin, bevor es zu emotional wird. In alter Tradition wird von der Bühne Schnaps zum Mischpult über das Publikum gereicht. Diesmal Electric CallBEER, statt des klassischen Jägermeisters. Dieser kommt natürlich dort an und verschwindet nicht auf dem Weg im Hals eines Fans, anders als in Amsterdam, wie Kevin währenddessen berichtet. Zu dem Song “Hypa Hypa” reicht der erste Ton, damit das ganze Publikum in ein lautes “Döp Döp Döp” verfällt. Anschließend möchte Nico zu “Crystals” drei Circle Pits sehen, bekommt aber nur einen großen über die komplette Breite der Fläche, mit der er sich auch zufrieden gibt.

“Wir können euch sagen, dass dieser Tag vermutlich der emotionalste Tag in unserem Leben ist“, sagt uns Kevin, bevor Nico allein die Akustik Version von “Prism” singt. Mit “Spaceman” steht kurz danach der letzte Song des Abends auf dem Plan – leider auch heute ohne Finch als Special Guest. Anschließend bleibt die Bühne dunkel. Zugabe rufe schallen durch den Raum, worauf sich Nico von abseits der Bühne meldet. “Wir sitzen schon im Whirlpool, was geht mit euch so?” fragt er, bevor mit “MC Thunder” und “We Got The Moves” das Finale eingeläutet wird. Die Fans geben nochmal alles und die Pyro auch. Ein letztes Mal wird es warm und Konfetti fliegt durch die Luft. Anschließend kommen nochmal alle Bands des Tages auf die Bühne. Es wird sich lange bedankt und wir werden abschließend in die kühle Nacht entlassen. Apropo kühl: Die Halle war den ganzen Tag über angenehm kühl. So war der Tag, was die Temperaturen angeht, vermutlich angenehmer als bei den meisten anderen.