Chiemsee Summer 2017 – Von der Sonne geküsst…


Ein Festival in Deutschlands schönster Bergregion. Der Chiemsee Summer zeigt sich mal wieder von seiner besten Seite: Die Temperaturen sind knapp unter 30 Grad Celsius, das Bier läuft in Strömen und die Ladys tragen so wenige Klamotten wie möglich. Die Vorzeichen stehen also gut für ein tolles Festival, denn auch das Wetter soll sich bis zum Freitag gut halten.

Der Plan für den Mittwoch steht für viele schon im Auto fest. Einen tollen Campingplatz finden, das Auto ausräumen und dann ab an die Tiroler Ache, die sich direkt neben den Campingplätzen befindet. Abgekühlt geht es dann aufs Gelände um die ersten Bands mitzuerleben. Warum auch nicht? Das Programm für den ersten Tag ist wieder mal beeindruckend. Da wären schon zum Auftakt Irie Révoltés, Royal Republik, SDP und Billy Talent auf der Hauptbühne und mit Antiheld und den Drunken Masters geht auch in der Zeltbühne schon ordentlich die Post ab.

Mittwoch beim CS17

Ein paar Leute haben sich schon aufs Gelände getraut, als Irie Révoltés mit ihrem Auftritt beginnen. Die Beats der Heidelberger treiben die Menge voran. Wie wild wirbeln Mal Élevé und Carlito über die Bühne. Querbeet werden die Genres bedient, Hände fliegen in die Luft, es wird getanzt es wird gehüpft, es wird einfach ausgelassen gefeiert. Nicht schlecht fürs Opening. So kann es doch weiter gehen. Hoffentlich wird in der Umbaupause auch mal ein Wasser statt Bier getrunken, bevor noch jemand dehydriert.


Schon deutlich voller ist es bei den Schweden von Royal Republic. Es wird ja auch von Stunde zu Stunde kühler. Ganz schön rausgeputzt im Anzug und Jackett stehen die fünf auf der Bühne. Nicht auszudenken, wie sehr die Armen darunter schwitzen müssen, aber wer eine tolle Show spielen will muss auch mal leiden. Von Alternative Rock bis Rock’n’Roll wird sich quer durch die zehnjährige Bandgeschichte gespielt, auch wenn auch hier das aktuelle Album „Weekend Man“ im Vordergrund steht. Trotz sehr cool, dass auch mal ältere Songs während des eineinviertel-stündigen Auftritts performt werden. So viel Zeit muss schon sein.

Wow, so langsam kann man sich vor der Bühne nicht mehr problemlos bewegen. SDP haben wieder einmal die Massen mobilisiert. Das Altersdurchschnitt im Publikum ist deutlich jünger geworden, als noch bei den Bands zuvor. Die Texte der Berliner Band sind einfach gehalten, gehen ins Ohr und sind leicht zu merken. Hier steht mehr die Party und die Eskalation im Vordergrund, nicht das mit den Songs etwas bewegt wird, bis auf die Körper der Fans. Es geht ordentlich ab! Riesige Ballons werden in die Crowd geworfen, Tshirts werden abgefeuert, CO2-Fontänen und Flammen schießen in die Luft. Zum Ende gibt es sogar ein kleines Feuerwerk! Was geht denn hier ab?!

Actionreich ist auch der Auftritt von Billy Talent, bei dem trotzdem an Effekten gespart wird. Brauchen sie auch nicht. Über die Jahre hinweg hat sich Billy Talent als feste Größe im Musikgeschäft etabliert und spielen dieses Jahr auf vielen Festivals als Headliner. Punk und Alternative kommt immer noch gut bei der Crowd an. „Devil in a Midnight Mass“ ist der Opener und gibt gleich mal die Richtung für das Konzert vor. Vom Publikum wird dieser gerne zum Pogen angenommen. Im Fokus der Setlist der Kanadier liegen tatsächlich die Chronologie-Alben „Billy Talent“ bis „Billy Talent III“, die zwischen 2003 und 2009 erschienen sind. Klar, auch neuere Songs der Bandgeschichte werden gespielt, aber um die breite Masse zu locken sind diese Alben sicher die beste Wahl. Nicht ohne Grund sind die letzten Songs „Red Flag“ und „Fallen Leaves“. Die kennt aber auch wirklich jeder, selbst wenn er nicht weiß, dass sie von Billy Talent sind.

Wer jetzt noch fit kann sich bei den Drunken Masters mit Turnup und Trap ordentlich kaputt feiern. Guter Start in ein noch langes Festival.

donnerstag beim CS17

Temperaturtechnisch hat sich auch am Donnerstag nichts geändert. Die Campingplätze sind ziemlich leer, dafür findet man an der Ache kaum noch einen freien Platz. Auf dem Gelände ist es dafür umso leerer. Nicht nur wegen dem Wetter, sondern auch weil der Chiemsee Summer im Vergleich zu den Vorjahren doch deutlich geschrumpft ist spielen Heischeida vor nur wenigen Leuten.

Ein bisschen mehr ist dann schon bei OK KID los. Klar, die Fans sind da und ein paar haben sich auch schon abgekühlt, aber von einer riesigen Crowd kann man beim Auftritt der drei Jungs nicht sprechen. Leider ist es auch immer schwierig für eine Band früh am Festivaltag zu spielen. Die erschienen Leute gehen trotzdem zu der Mischung aus Pop und Hip-Hop ab. Na immerhin!

Weiter geht’s dann auch schon mit deutschem Rap von SSIO. Jetzt ist wirklich was los an der Hauptbühne und auch viele Mädchen haben sich in die Crowd gedrängt. Der deutsche Rap hat sich eben verändert und die Texte werden auch vom weiblichen Geschlecht anerkannt und das für SSIO typische „Nuttööö“ wird umso lauter mitgeschrien. Mit Battle-Rap und Ganster-Rap haben seine Texte kaum was zu tun. Ein paar Einwürfe sind zu finden, hauptsächlich wird sich aber am G-Funk und Boom Bap bedient. Zwischen den Songs gibt er sich als lässiger, witziger Typ, der sich erst einmal über seine Bauchtasche beschwert, die ihm so hart aufs linke Ei drückt, dass er schon Bauchschmerzen bekomme. Die Leute bouncen, rappen und pogen zu den Beats.

Maximilian Diehn aka Kontra K lässt sich textlich mehr mit Prinz Pi vergleichen. Auch wenn der Berliner Hip-Hopper in seinen Texten über sein eigenes Leben erzählt und philosophiert kann sich seine Zuhörerschaft mit den Texten identifizieren und deshalb wird es immer voller. Wieder haben sich viele Mädels vor die Bühne gedrängt. Ob der Blick auf den muskulösen Familienvater dort so gut ist? Im Vergleich zu anderen Festivals wirkt die Bühne aus der ersten Reihe doch sehr hoch und man sieht mit Glück nur die Köpfe der Künstler. Muss Rap immer hart sein? Anders als andere deutsche Rapper lässt er seine Fans an sich heran, spricht von Liebe und Gefühlen. Harte Schale, aber ein weicher Kern beschreibt ihn ganz gut. Vorher sollte man sich aber in seine Stücke hineinarbeiten. Gebaut wie Kollegah und dann rappt der über Gefühle? Igitt, was ein Larry! Wenn man sich seine Texte genauer betrachtet überzeugt Kontra K ganz klar, dass das Gegenteil der Fall ist.

Letztes Jahr veröffentlichten sie während des Chiemsee Summers ihr aktuelles Album „Advanced Chemistry“, dieses Jahr stehen sie damit auf der Bühne.  Die Beginner bringen mit ihren Auftritt nicht nur zahlreiche Leute aufs Gelände, sondern auch ein bisschen den Reggae zurück an den Chiemsee. Der ist im diesjährigen Line Up deutlich untergegangen. Oft darf sich aber auch bei ihnen der Reggae nicht zeigen. Auch bei den Beginnern steht der Hip-Hop im Vordergrund, wie eigentlich schon den ganzen Tag. Die Crowd kann die Texte. Nicht nur die neuen Songs, die in den Clubs laufen kommen gut an, sondern auch die alten werden textsicher mitgesungen. Man könnte meinen, der Auftritt des Headliners würde gerade stattfinden. Eine irre Stimmung, die dort abgeht. Bedient wird sich nicht nur an der eigenen Diskographie sondern auch an der Jan Delays. Selbst Toni-L, der zur Hip-Hop-Gruppe Advanced Chemistry hat einen Gastauftritt. Nice! Das macht echt Spaß hier.

Ohrbooten spielen ihre Show auf der Nebenbühne, die auch wirklich mal zum Thema Reggae passt. Endlich wird auch mal für längere Zeit Reggae gespielt. Brechend voll ist das Zelt trotzdem nicht. Dabei hauen sie ihre besten Stücke raus. Im dritten Song wird zum Beispiel schon über die Autobahn gefahren. Vielleicht ist Reggae für die heutige Festivalgeneration auch gar nicht mehr zeitgemäß…

Sind wir mal ehrlich: Dafür das Biffy Clyro der HEADLINER des Donnerstags ist, ist vor der Bühne nichts mehr los. Man kann gemütlich vor dem FOH-Turm in Richtung Getränkestand neben der Bühne laufen. Leute? Was ist denn los mit euch? Da hat mal jemand ’ne Gitarre in der Hand und dann wird schon davon gerannt? Biffy Clyro bedienen sich eben am Alternative Rock und am Progressive Rock. Eins muss man einfach sagen: auch wenn wenig los ist, die Show ist der Hammer! Diese Lichteffekte in denen Simon Neil immer wieder – gefühlt natürlich- als Jesus mit E-Gitarre auftaucht… GEIL! Bitte mehr davon! Eineinhalb Stunden ziehen die Gitarrenklänge übers Feld. Die Leute, die noch geblieben sind erleben einen würdigen Abschluss für einen tollen Festivaltag auf der Hauptbühne.

Dabei ist es noch gar nicht vorbei. In der Zeltbühne spielen schließlich noch Feine Sahne Fischfilet. Seit ihrem umstrittenen Auftritt im Münchner Z-Bau sind sie deutschlandweit bekannt geworden. Ja, die Texte sind mehr als politisch angehaucht und auch in den Pausen zwischen den Songs findet Sänger Monchi genaue Worte, was von Nazis hält. Zur Gewalt wird trotzdem nicht aufgerufen. Wer das so versteht ist nicht besser als alle anderen. Er ruft lediglich zum Handeln auf. Abgesehen wird beim Auftritt der Punker eine gewaltige Party gefeiert, bei der niemand trocken bleibt. Schweiß- und Biergeruch liegt in der Luft und Bassist Kai surft über die Crowd. Ein unglaubliches Bild. Manche Bands schaffen es einfach in Sekunden die Massen in Bewegung zu setzen.

Zwei unglaublich gute erste Tage sind zu Ende. Bergfest beim Chiemsee Summer 2017, denn es folgen ja eigentlich noch einmal genauso viele Tage…

Hier geht’s lang zum Freitag beim Highfield Festival 2017!