4.500 Fans feierten zu Düster-Beats beim E-tropolis Festival 2018


E-tropolis Festival 2018 / E-tropolis 2018
(Bild: stagr / Cynthia Theisinger)

Zum achten Mal versammeln sich beim E-tropolis Festival 2018 am mittleren Märzwochenende die Anhänger der Dark-Electro-Szene in der ausverkauften Turbinenhalle in Oberhausen. Kurz vor Frühlingsanfang sind die Temperaturen noch einmal tief in den Keller gegangen, Schnee hat in weiten Teilen Deutschlands für Verkehrschaos gesorgt und so reisen wir mit rund 4.500 Besucher etwas erschwert und teils verspätet am diesjährigen Festivalsamstag an. Für uns ist es immerhin noch rechtzeitig, um den Auftritt von Forced To Mode zu verfolgen. Die Vorfreude auf die besten Acts aus Electro-Pop, Industrial und EBM ist schon mal groß.

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E-tropolis Festival 2019 / etropolis 2019

Forced To Mode

Zurecht werden die Berliner als Deutschlands beste Depeche Mode-Coverband bezeichnet. Schließt man die Augen während der Show, bemerkt man fast keine Abweichungen. Die Stimme von Sänger Christian Schottstädt ist der von Dave Gahan zum Verwechseln ähnlich. Das Trio um den charismatischen Frontmann lässt das Publikum von der ersten Sekunde an mitgrooven. Und so gelingt es der ersten Band des Tages, trotz eisiger Außentemperaturen, Halle und Stimmung um ein paar Grad aufzuwärmen und das tanzende Publikum auf Betriebstemperatur zu kochen. In den 40 Minuten Spieldauer geben sie  eine ausgewählte Setlist von DM-Klassikern zum Besten, angefangen mit „Black Celebration“ über „People are People“, „Personal Jesus“ und „Enjoy The Silence“ um sich dann mit „Never Let Me Down Again“ zu verabschieden.

Eisfabrik

Im direkten Anschluss entern die weißgewandeten Musiker von Eisfabrik die Bühne. Man möchte beim Anblick des Backdrops meinen, dass an einen überdimensionalen Pistenplan erinnert, das die Temperaturen in der großen Halle direkt wieder unter den Gefrierpunkt fallen. Die treibenden Beats animieren jedoch vom ersten Takt dazu, sich zu bewegen. Da wirkt der zum dritten Song von der Bühnendecke rieselnde Kunstschnee schon fast als eine willkommene Erfrischung, für das tanzende Publikum. Das eisige Trio bietet Future-Pop vom Feinsten dar und man hofft, dass die Hamburger Band bei einer der nächsten Auflagen vom E-Tropolis  Festival verdientermaßen eine längere Spieldauer eingeräumt bekommen. Die gemeinsame Dreiviertelstunde ist hier leider viel zu schnell vorüber.

Xotox

Beim Wechsel in Halle Zwei erlebt man direkt einen Wechsel der Musikrichtung. Die One-Man-Show von Xotox ist nach 20-jährigem Bestehen als ein fester Bestandteil in der Industrial-Szene gereift und fackelt auch nicht lange, sondern schmettert direkt metallische Klänge durch die Turbinenhalle. Ob sich die damalige Stahl-Produktion in dem einstigen, nun zur Event-Lokation umfunktionierten, Maschinenbau-Kraftwerk wohl ähnlich angehört hat? Zumindest kann dies Xotox als Inspiration gedient haben. Die angekündigte „Verschnaufpause“ kommt im Gegensatz zu den zuvor dargebotenen Tracks im Mid-Tempo daher. Die in den ersten Reihen versammelten Tänzer passen ihre Choreographie direkt dem Tempo an. Aber so entlässt Xotox sein Publikum noch nicht und entfacht zum Ende des Sets noch einmal für drei Tracks das Schmiedefeuer, um mit stahlharten Hämmern auf das Publikum ein zu schmettern.

CHROM

Zurück in der großen Halle fällt sofort auf, dass sich diese merklich gefüllt hat. Nun sollten auch die letzten Gäste des Festivals eingetroffen sein. Schließlich ist die Veranstaltung seit Anfang Februar mit erwarteten 4.500 Besuchern ausverkauft. Das Dürener Duo Chrom präsentiert sich derweil im elektronisch-melodischen Soundgewand und wird vom Publikum herzlich empfangen. Das Zweiteam versteht es, durch seine Songauswahl zu überzeugen. Zu den treibenden Mid-Tempo-Nummern sieht man im Publikum niemanden, der still steht und auch bei den gemäßigten, sphärischen Tracks, erblickt man reihum in verträumte Gesichter. Zum Glück ist bei 45 Minuten Spieldauer auch genug Zeit, um einen Querschnitt der bisherigen Veröffentlichungen zu präsentieren. Es stellt sich nur gelegentlich die Frage, ob das In-Ear-Monitoring des Sängers richtig funktioniert, da die Stimmsicherheit von Christian Marquis merklich abnimmt, sobald er vor die Monitorboxen tritt. Der Stimmung tut dies jedoch keinen Abbruch und die Elektropop-Band wird nach dem letzten Song mit großem Applaus von der Bühne entlassen.

aesthetic perfection

Dass Aesthetic Perfection mit einer großen Fanbase aufwarten, macht sich nicht nur in der längeren Spielzeit von einer Stunde bemerkbar. Kaum erklingt der erste Ton, beginnt das Publikum überschwänglich zu jubeln. Frontmann Daniel Graves entert adrett gekleidet mit Hut und Glitzerblazer die Bühne und erinnert ein kleinen wenig an Boy George. Nur attraktiver und jünger. Zu Beginn wird direkt der Clubhit „Antibody“ dargeboten und bringt die ersten Reihen zum Springen. Der agile Frontmann fühlt sich offensichtlich pudelwohl im Rampenlicht und posiert souverän für die anwesenden Fotografen und das Publikum. Er setzt sich gekonnt in Szene und hat die Fans mühelos im Griff, was am frenetischen Jubel unschwer zu bemerken ist. Während Daniel Graves die Bühne als persönlichen Laufsteg nutzt, bleibt auch Keyboarder Elliot Berlin nicht regungslos, er benutzt seine Instrumente immer mal wieder als Klettergerüst. Ihre Rolle als Vorturner nimmt das Duo routiniert wahr und überzeugt das Publikum auf ganzer Linie. So entwickelt sich der Auftritt zum Massen-Workout, schnelle Tracks oder auch Mid-Tempo-Songs wie „Big Bad Wolf“ werden auf und vor der Bühne gefeiert. Zu „Spit it out“ werden die Energiereserven des Publikums dann noch ein letztes Mal gefordert, der treibende Beat tut sein übriges, so dass die Menge völlig begeistert mitgeht.

Nachtmahr

Das Projekt Nachtmahr vom österreichischen Musiker Thomas Rainer spielt im Anschluss und ist bereits seit 11 Jahren auf den Bühnen des Landes unterwegs. Mit Industrial und Aggrotech gepaart mit kriegerischee Lyrik gibt es ordentlich was auf dir Ohren. Ein musikalisch einwandfreier Auftritt, bei dem die gute Akustik ihren Teil zu einem fabelhaften Konzerterlebnis beigetragen hat. Mittlerweile macht sich bei uns aber ein Hungergefühl breit, das erst einmal gestillt werden möchte.

Frozen Plasma

Frisch gesättigt, geht es für uns weiter in die kleine Halle zu Frozen Plasma, die als die beste und gutaussehendste Band des Abends vom Moderator angekündigt wird. Wie er jedoch zugibt, soll er für diese Ansage auch 50,- Euro Taschengeld bekommen haben. Es ist anzunehmen, dass sich das Publikum weniger wegen der optischen als der akustischen Reize zum Auftritt der Band versammelt hat. So eröffnen Frozen Plasma mit „Age After Age“ ihre Show und führen mit den anschließenden Songs wie ein roter Faden durch ein angenehm melodischen Klangteppich. Bevor jedoch Monotonie aufkommt, stimmen sie mit „Warmongers“ einen ihrer Tanzhits an und auch auf den oberen Rängen der Halle kommt Bewegung in die Zuschauer. Auch „Generation Of The Lost“ wird begeistert vom Publikum gefeiert. Im Anschluss wird es mit „Crossroads“ wieder ein wenig träumerischer bevor zu „Crazy“ alle Gliedmaßen wieder in Ekstase versetzt werden. Die Coverversion von „Living in Video“ wird ebenso frenetisch abgefeiert. Frozen Plasma gönnen ihrem Publikum keine Verschnaufpause. Zu „Tanz Die Revolution“ werden alle Energiereserven mobilisiert und zu „Murderous Trap“ gefordert. Mit diesem Song endet ein großartiger Auftritt und den Fans wird nun die Verschnaufpause gegönnt, die genutzt wird, um die Halle zu wechseln, da dort schon der Co-Headliner in den Startlöchern steht.

Project Pitchfork

Wer musikalisch eher aus einem rock-lastigen Background kommt, der kann sich bei Project Pitchfork schon mal freuen, bevor die Band überhaupt auf die Bühne kommt. Denn dort steht ein Schlagzeug bereit – und nicht nur eines ist dort aufgebaut, sondern gleich drei! Wo die meisten Bands des Genres die Rhythmussektion ausschließlich digital erzeugt, steht hier noch gute musikalische Handarbeit im Vordergrund, um den Takt anzugeben. Sänger und Frontmann Peter Spilles‘ gesangliche Leistung ist auf voller Höhe und die Menge zappelt und gröhlt zu den harten Beats.

VNV Nation

Mit VNV Nation entert der diesjährige Headliner die Bühne. Über diese Band müssen eigentlich kaum Wort verloren werden, sie zählen seit Jahren zu den Top-Acts der Dark-Electro-Szene. Entsprechend laut fällt auch die Begrüßung durch das Publikum aus. Anfangs scheint es, als hätte sich das Publikum bei den vorangegangenen Bands allerdings zu stark verausgabt. Lediglich im hinteren Teil der Halle sind die nimmermüden Duracell-Tanzhäschen, die ihr Performance-Workout weiterführen. Zu „Tomorrow Never Comes“ kommt endlich wieder Bewegung in die gesamte Masse und zu „Honour“ befeuert Sänger Ronan das Publikum nochmal Gas zu geben.

Leider macht sich auch beim E-tropolis Festival 2018 der schwindende Szene-Nnachwuchs, wie auch in anderen Subkulturen jenseits des Mainstreams, bemerkbar. Der Durchschnittsbesucher befindet sich in seinen Dreißigern und hat nicht mehr so vielr Hummeln im Hintern wie noch vor zehn oder fünfzehn Jahren. Dem lautstarken Applaus für jeden Song ist jedoch zu entnehmen, dass das Publikum ihrem Headliner durchaus Tribut zollt. So geben VNV Nation einen ausgewogenen Querschnitt ihrer Schaffensphase zum Besten. Natürlich fehlen ihre Hits wie „Illusion“ genauso wenig, wie das energiegeladene „Space & Time“, bei dem sich Sänger Ronan ein Gesangsduell mit dem Publikum liefert. Zum anschließenden „Nova“ erstrahlt die Halle dank der zahlreich gezückten Handytaschenlampen wie ein Lichtermeer.

Auffällig ist, dass VNV Nation viele Songs spielen, die sie schon seit längerem nicht mehr live dargeboten haben. Sänger Ronan hat sichtlich Spaß, des öfteren werden seine Texte durch herzliche Lacher unterbrochen, gerade als er zum abschließenden „Perpetual“ Gefallen an der Kopfbedeckung eines Graben-Securitys findet. Diese wird ihm schelmisch vom Kopf gezogen, um den Beschützer freundlich hinter den Ohren zu kraulen. Ob dies in seiner Heimat Irland ein Brauch zum heutigen St-Particks Day ist, wer weiß, zur Belustigung des Publikums hat es offensichtlich beigetragen. Der sympathische Frontmann bedankt sich abschließend bei allen Besuchern und mit diesen freundlichen Worten findet das E-tropolis Festival 2018 sein Ende. Auf die  Neuauflage im nächsten Jahr in freuen wir uns schon jetzt!

Danke: Ulli Depfenhart (Text).